Neue OZ: Kommentar zu Syrien
Konflikte
Türkei
Osnabrück (ots)
Punktsieg an anderer Front
Wer gehofft hatte, nach dem syrischen Beschuss eines türkischen Grenzdorfes würde sich der Konflikt zwischen den beiden Nachbarn entschärfen, wurde enttäuscht. Das Abfangen der syrischen Zivilmaschine durch türkische Kampfjets ist fraglos eine neue Eskalationsstufe. Mit dem riskanten Coup könnte der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan dennoch einen Punktsieg an anderer Front erzielt haben. Denn sollte sich in der als diplomatisches Gepäck deklarierten Fracht tatsächlich russische Munition für Syrien befunden haben, gerät nun Moskau in Bedrängnis. Es war zwar nie ein Geheimnis, dass Russland Syrien militärisch unterstützt. Dafür aber die sensible, weltweit geachtete diplomatische Immunität zu missbrauchen, ist ein Tabubruch.
Treffen die Anschuldigungen Ankaras zu, hat sich Moskau also nicht nur fürchterlich blamiert, sondern auch der Diplomatie als solcher geschadet. Für Erdogan kann das gleichwohl von Vorteil sein. Schließlich könnte Russland in den UN nun stärker unter Druck geraten, und so gezwungen werden, seine prosyrische Haltung aufzugeben. Grund zu neuer Hoffnung besteht deshalb aber nicht. Die Spannungen mit Russland sind für die Türkei nur Nebenkriegsschauplatz. Viel größer ist die Gefahr, dass Syrien auf den Vorfall militärisch reagiert. Im besten Fall macht Russland seinen diplomatischen Patzer nun wett, indem es Syriens Machthaber Baschar al-Assad besänftigt.
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