Neue OZ: Kommentar zu Kriminalität
Abgeordnete
Bundestag
Osnabrück (ots)
Ein Theorie-Problem
Rund 160 Länder haben das UN-Abkommen zur Abgeordnetenbestechung ratifiziert, aber Deutschland noch nicht. Schon merkwürdig, dass die Bundesrepublik hier in einer Reihe mit Syrien und Saudi-Arabien steht. Das schmückt den Bundestag nicht gerade und schadet zugleich dem Ansehen deutscher Unternehmen im Ausland. Daher haben 30 führende Konzernchefs bereits vor einem halben Jahr öffentlich Druck gemacht. Gut, dass endlich in Deutschland Bewegung in die Sache kommt. Für die internationale Glaubwürdigkeit wäre die Ratifizierung ein Fortschritt.
Zugleich sollte man allerdings die Kirche im Dorf lassen. Denn es handelt sich in Deutschland in erster Linie um ein theoretisches Problem, nicht um ein praktisches. Viele Staaten, in denen die Bestechung von Abgeordneten tatsächlich sehr verbreitet ist, haben die UN-Richtlinien bereits ratifiziert. In der Bundesrepublik verhält es sich umgekehrt. Unsere Abgeordneten haben es nicht verdient, unter Generalverdacht gestellt zu werden. Und in der Frage, was sie annehmen dürfen oder nicht, brauchen sie mehr Freiheiten als Beamte oder Richter.
Die größte Schwierigkeit bei einem neuen Gesetz ist die riesige Grauzone zwischen parlamentarischen Gepflogenheiten und einem Straftatbestand. Diese Grenze juristisch sauber zu formulieren ist strafrechtlich kompliziert. Populistische Schnellschüsse sind da nicht hilfreich.
Christof Haverkamp
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