Neue OZ: Kommentar zu Bundespräsident
Gesellschaft
Frauen
Osnabrück (ots)
Empfindliche Punkte
Noch einmal: Es ging bei der Aufregung um Rainer Brüderle nicht um den moralischen Zeigefinger. Und schon gar nicht um einen Tugendfuror, wie Bundespräsident Joachim Gauck es zuletzt in einem Interview nannte. Es ging nur darum, dass der FDP-Mann eine Frau mit einer allzu bekannten Masche von oben herab behandelt hat. Die plötzliche Prominenz dieses Vorfalls war eine seltene Gelegenheit für Frauen, die solche Situationen sonst schweigend, aber genervt wegstecken, sich einmal laut darüber aufzuregen. Und sogar Gehör zu finden.
Die vergangenen Wochen haben vor allem eins gezeigt: Der "Stern" hat mit seiner Brüderle-Geschichte einen empfindlichen Punkt getroffen. Oder viele empfindliche Punkte. Und die Grenzen verliefen dabei nicht immer zwischen den Geschlechtern, sondern auch zwischen den Generationen, oder zwischen zwei Meinungen innerhalb derselben Gruppe. Es gab Gesprächsbedarf, so viel ist klar geworden.
Und Gaucks "Tugendfuror" war ein weiteres Beispiel dafür, wie der Gegenstand der Debatte immer wieder missverstanden und in der Folge lächerlich gemacht wurde. Gestern aber sprach Gauck, rechtzeitig zum Weltfrauentag, noch andere, präsidialere Worte: Die Sexismus-Debatte sei wichtig, sagte er da. Und er hat recht. Die meisten Deutschen glauben zwar nicht, dass die Debatte etwas verändert hat. Aber sie wurden nur zu früh gefragt, die Veränderung einer Haltung braucht Zeit.
Anne Diekhoff
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