Neue OZ: Kommentar zu Museen
Ausstellungen
Osnabrück (ots)
Alter Kult
Wenn die Bremer Ausstellungsmacher auch auf die NS-Zeit abheben, so ist der deutsche Germanenkult natürlich älter. Bürgerliche und Liberale beförderten ihn in durchaus aufrichtigem Glauben im 19. Jahrhundert, diente er doch zur Identitätsstiftung in einem zerrissenen Bund, den es im Kampf gegen den Absolutismus als deutsche Nation zu einen galt. Was waren Kleinst-Fürstentümer wie "Reuß älterer Linie", wenn es doch ums Erbe der Germanen ging, um die Nation, ums Deutsche eben, und das zunächst ohne nationalsozialistischen Beigeschmack?
Eher speiste sich das Interesse auch aus romantischen Motiven: So wie Karl May den edlen Wilden pries, lud auch die germanische Sagenwelt in jener Epoche zur Träumerei ein. Der politische Missbrauch baute darauf auf und trieb skurrile Blüten, war aber kein ureigenes NS-Phänomen. Zu jeder Zeit und an jedem Ort wird Geschichte gedeutet und im eigenen Sinne präsentiert, haben bestimmte Forschungsthemen aus ideologischen Gründen Konjunktur, werden Schulbücher umgeschrieben, Denkmäler geschleift. Das darf nicht vergessen, wer über die Nazis den Kopf schüttelt.
Burkhard Ewert
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