Neue OZ: Kommentar zu Doping/Sport
Osnabrück (ots)
Mit Anabolika in den Kalten Krieg
Es gibt eine Journalisten-Regel, die besagt: Geschriebener Sarkasmus funktioniert nicht. Aber man kann es ja versuchen: In Westdeutschland wurde nie gedopt, und wenn hat der Staat nichts davon gewusst. Die Betrüger kamen nur aus dem Osten.
Jetzt mal ehrlich: Im Kalten Krieg waren viele Mittel recht, es dem anderen zu zeigen - auch Anabolika. Das einzig Überraschende daran ist, wie lange es gelang, das unter der Decke zu halten, und wie viele Politiker und Funktionäre sich gerade empören. Schon 2011 hatten die Wissenschaftler der Humboldt-Universität Zwischenergebnisse ihrer Studie präsentiert, aus der hervorgeht, dass das systematische Doping in der Bundesrepublik mit der Gründung des Bundesinstituts für Sportwissenschaft (BISp) 1970 begann. Eben jenes Instituts, das Auftraggeber der Studie ist, die bislang nie veröffentlicht wurde.
Just als sich Medien des Themas annehmen, fragen Politiker und Funktionäre nun nach. Eine Strategie? Mag sein. Vielleicht ist der Druck jetzt groß genug, um die 800-Seiten-Studie zu veröffentlichen - mit einer Verzögerung von zwei Jahren. Es wäre an der Zeit. Große Überraschungen dürfte es nicht geben. Dass die damals führenden Sportmediziner Joseph Keul und Herbert Reindell Fördergelder für ihre Forschung mit Anabolika, Insulin und Wachstumshormonen beim BISp beantragt und bewilligt bekamen, belegt ein Dokument, das ebenfalls von Journalisten diese Woche ausgegraben wurde. Es ist der erste offizielle Beweis dieser Art. Andere Akten sind unter Verschluss oder wurden vernichtet, bevor die Forscher ihre Studie starteten. Da fällt es schwer, nicht schon wieder sarkastisch zu sein.
Susanne Fetter
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