Neue OZ: Kommentar zu Ägypten
Unruhen
Osnabrück (ots)
Gefährlicher Rachedurst
Kompromisslos und brutal haben Ägyptens Generäle ihre Macht demonstriert und die Protestlager der Anhänger des abgesetzten Präsidenten Mohammed Mursi geräumt. Das Militär hat sich taub gestellt für internationale Vermittlungsbemühungen und mäßigende Stimmen aus den Reihen der Übergangsregierung, die eine Eskalation verhindern wollten. Im Land am Nil herrscht wieder die Polizeigewalt - wie einst unter Langzeitdiktator Husni Mubarak.
Diese Krise gewinnt durch die aufgeheizte öffentliche Stimmung an Schrecken. Das harte Durchgreifen gegen die verhassten Muslimbrüder erfährt große Zustimmung in der Bevölkerung. Und das, obgleich die Islamisten mit ihrem beharrlichen Dauerprotest zu ähnlichen Mitteln griffen wie einst die Revolutionäre, die vor zweieinhalb Jahren Mubarak entthronten. Gefährlicher Rachedurst bestimmt das gesellschaftliche Klima.
Dass sich die Armee nun zu den Rettern der Revolution stilisiert, macht das Chaos in der verkehrten ägyptischen Welt perfekt. Gleichzeitig erstarken schließlich im Windschatten der Militärregierung die alten Mubarak-Eliten.
Während das Fußvolk der Muslimbrüder den Aufstand teuer mit Blut bezahlt, predigen ihre Anführer das Märtyrertum und begeben sich bereitwillig in die Opferrolle der verschmähten, aber legitimen Regierungspartei. Das machtversessene Militär züchtet sich hasserfüllte Widersacher heran.
Franziska Kückmann
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