Neue OZ: Kommentar zu Bäckereien
Osnabrück (ots)
Der Kunde hat die Macht
Deutschland verabschiedet sich von einem Kulturgut: der familiengeführten Bäckerei um die Ecke. Ade ihr Brötchen, Brote und Kuchen, die ihr stets ein wenig anders duftet, schmeckt und ausseht als die Massenware der großen Backfabriken und Selbstbedienungsketten.
Der Trend ist eindeutig und scheinbar nicht aufzuhalten: Gab es vor 50 Jahren noch Zehntausende Bäckereien, sind inzwischen weniger als 14 000 übrig. Auch einigen größeren steht das Wasser bis zum Hals: Jüngst beantragte das Unternehmen Wilhelm Middelberg mit 650 Mitarbeitern und 170 Filialen in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen ein sogenanntes Schutzschirmverfahren, das helfen soll, die Insolvenz abzuwenden. Dass die Backwarenvielfalt schwindet, um die Deutschland von so vielen beneidet wird und der in "German Bakeries" auf der ganzen Welt nachgeeifert wird, hat nur zum Teil mit steigenden Mehlpreisen, Transport- und Energiekosten zu tun.
Den stärksten Einfluss auf das Geschehen hat die unangefochtene Supermacht in der Konsumwirtschaft: der Endkunde. Er nimmt das preisgünstige Einerlei der SB-Backketten und der Backstationen in Discount-Märkten dankbar an. Solange er den Preis über die Vielfalt und damit auch über seine eigene Freiheit zu wählen stellt, wird die Planierung der Branche weitergehen. Wer sie aufhalten will, kann etwas tun: beim kleinen Bäcker um die Ecke kaufen.
Christian Schaudwet
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