Neue OZ: Neue OZ - Interview mit Friedrich von Borries, Medientheoretiker.
Osnabrück (ots)
Medientheoretiker Friedrich von Borries fordert Widerstand gegen Überwachung
Appell an Gesellschaft - "Mut anzuecken besonders gefragt" - Verzicht auf Individualität soll freier machen
Osnabrück.- Der Medientheoretiker Prof. Dr. Friedrich von Borries hat dazu aufgefordert, kritischer mit der allgegenwärtigen Überwachung in unserer Gesellschaft umzugehen. "Die Angst sorgt dafür, dass wir das nicht denken, was wir denken sollten. In einer überwachten Gesellschaft wie der unseren, die nicht über physische Repression agiert, ist der Mut anzuecken besonders gefragt. Im Westen sind wir verfeinerten Herrschaftstechniken ausgesetzt und müssen deshalb an anderen Punkten ansetzen, um unsere Freiheit immer wieder zu erkämpfen", sagte von Borries der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Mittwoch). Friedrich von Borries lehrt Designtheorie an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg und setzt sich in Ausstellungen und Romanen wie dem 2011 erschienenen "1WTC" kritisch mit Fragen der digitalen Überwachung auseinander. Von Borries äußerte sich im Zusammenhang mit dem Osnabrücker "European Media Art Festival" 2014, das in seiner Ausstellung Kunst zum Thema Überwachung zeigt. "Wir leben in einem Zeitalter freiwilliger Überwachung", sagte der Medientheoretiker weiter. Die Menschen lieferten selbst die Daten für ihre Kontrolle. Dies erzeuge allerdings auch Angst. "Weil man weiß, dass man überwacht wird, fängt man an, sein Verhalten anzupassen, macht bestimmte Dinge nicht mehr und verliert damit Spontaneität und Meinungsfreiheit", sagte von Borries weiter. Vor dem Hintergrund der Überwachung seien Konzepte der Individualität und Selbstverwirklichung skeptisch zu beurteilen. Friedrich von Borries: "Heute stellt sich heraus, dass Individualität nur eine Form von Selbstvermarktung ist. Das erleichtert die Erfassbarkeit. Die individuelle Person ist über Konsumprofile viel besser einzuordnen. Wenn wir auf Individualität verzichten, werden wir unberechenbarer und erlangen damit ein neues Moment von Freiheit".
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