Neue OZ: Neue OZ - Nachricht zu rechtsextremistischen Tötungsdelikten
Osnabrück (ots)
Nach NSU-Mordserie: Bundesregierung hält weitere Tötungsdelikte mit rechtem Hintergrund für möglich
Überprüfung ergab bisher keine neuen Hinweise auf Täter - Linke kritisieren "Verschleierung"
Osnabrück. Die Zahl der Todesopfer durch rechte Gewalt in Deutschland muss möglicherweise nach oben korrigiert werden. Wie die "Neue Osnabrücker Zeitung" (Donnerstag) unter Berufung auf Angaben der Bundesregierung berichtet, hat die Überprüfung von 3300 bislang ungeklärten, vollendeten oder versuchten Tötungsdelikten auf mögliche rechtsextremistische oder rechtsterroristische Tathintergründe zwar "keine weiteren Ermittlungsansätze ergeben". Bei der Suche nach den Tätern aus den Jahren 1990 bis 2011 kamen die Ermittler demnach nicht voran. In Einzelfällen werde allerdings noch überprüft, ob die Verbrechen anders als bisher als politisch motivierte Kriminalität aus dem rechten Spektrum eingestuft werden müssten, teilte das Innenministerium in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion mit, die der "Neuen Osnabrücker Zeitung" vorliegt.
Die Untersuchungen der Tötungsdelikte waren nach Bekanntwerden der NSU-Mordserie in die Wege geleitet worden. Das "Gemeinsame Abwehrzentrum gegen Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus" analysierte die ungeklärten Fälle anhand von Kriterien wie Religion oder Hautfarbe der Opfer. "Dieser systematische Datenabgleich führte zu 240 Dateitreffern, die sämtlich an die zuständigen Länder zur Überprüfung weitergeleitet wurden", so das Ministerium. Bei den dortigen Polizeibehörden hätte die "Trefferabarbeitung keine weiteren Ermittlungsansätze ergeben", zitierte das Blatt aus dem Antwortschreiben.
Die Linken kritisierten das Ergebnis. "Die Bundesregierung und die Länder wollen das wahre Ausmaß der tödlichen Realität neonazistischer und rassistischer Gewalt weiterhin verschleiern", sagte Innenexpertin Martina Renner der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Dies betreffe nicht nur die ungeklärten Fälle. Renner verwies unter anderem auf ein Tötungsdelikt aus Leipzig. Im Jahr 1996 war ein Homosexueller von einer Gruppe Jugendlicher mit rechtsextremistischem Hintergrund umgebracht worden. Sie sollen laut Urteil unter anderem "Hau ab, du schwule Ratte" gerufen haben, bevor sie ihr Opfer misshandelten und schließlich töteten. Renner bemängelte, dass dieser und weitere Fälle bis heute nicht als rechtsmotiviert anerkannt worden seien.
In dem Antwortschreiben erklärt das Ministerium, dass "im Zuge der Bund-Länder-Abstimmung" darüber entschieden werden soll, ob die Überprüfung auch auf andere Delikte ausgeweitet werden soll. Im Gespräch sind beispielsweise ungeklärte Banküberfälle oder Sprengstoffanschläge.
Offiziell gehen die Behörden nach wie vor von etwa 60 Todesopfern rechter Gewalt in Deutschland aus. Darin enthalten sind die zehn Morde, die dem NSU-Terrortrio zur Last gelegt werden.
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