NOZ: Interview der Neuen Osnabrücker Zeitung mit Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer
Osnabrück (ots)
Arbeitgeber: Rentenpaket kostet 200 Milliarden Euro
Kramer nennt deutlich höhere Zahl als die Bundesregierung
Osnabrück.- Die Belastungen durch das Rentenpaket der schwarz-roten Koalition werden nach Einschätzung der deutschen Arbeitgeber deutlich höher sein als von der Bundesregierung geschätzt. In einem Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Montag) sagte Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer: "Bei der Rente mit 63 und der Mütterrente sind es hochgerechnet bis zum Jahr 2030 rund 200 Milliarden Euro Mehrausgaben in der Sozialversicherung." Die Bundesregierung war zunächst von 160 Milliarden Euro bis 2030 ausgegangen.
Allein die Verbesserung der Mütterrente führt nach Angaben des Bundesarbeitsministeriums zu jährlichen Kosten von derzeit rund 6,7 Milliarden Euro. Die Rente mit 63 wird im laufenden Jahr voraussichtlich 1,5 Milliarden Euro statt der geplanten 0,9 Milliarden kosten. 2015 wird mit Ausgaben von drei statt 1,9 Milliarden Euro gerechnet. Hinzu kommen höhere Erwerbsminderungsrenten und steigende Reha-Ausgaben. Kramer beklagte, die Wirtschaft stehe seit Antritt der großen Koalition schwer unter Druck. Es gebe eine ganze Reihe von Maßnahmen, die die Unternehmen belasten, kritisierte er und verwies auf höhere Sozialversicherungsbeiträge und Mindestlöhne. Der Arbeitgeberpräsident warnte die Bundesregierung zugleich vor Änderungen bei den Werkverträgen und in der Zeitarbeit. "Es besteht die Gefahr, dass die Unternehmen spürbar an Flexibilität verlieren. Dies ist gerade in schwächer werdenden Zeiten ein fatales Signal. Die Unternehmen müssen beweglich bleiben, um sich auf schwankende Markterfordernisse einstellen zu können."
Mit Blick auf die laufenden Tarifverhandlungen sagte Kramer, die wirtschaftliche Lage sei fragil geworden: "Das engt den Verteilungsspielraum erheblich ein." Die Gewerkschaften müssten das berücksichtigen - bei ihren Forderungen und besonders in den Tarifverhandlungen.
Der Arbeitgeberpräsident begrüßte das geplante Gesetz zur Tarifeinheit und betonte, einheitliche Tarifverträge bedeuteten Planbarkeit für die Unternehmen. Das Bundesarbeitsgericht habe diese Planungssicherheit 2010 leider beendet, nachdem es zuvor 60 Jahre lang am Grundsatz der Tarifeinheit festgehalten habe. Kramer: "Wir machen jetzt nichts anderes, als den alten Zustand wiederherzustellen. Ich meine: Was 60 Jahre lang verfassungskonform war, ist es auch heute."
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Deutsche Wirtschaft: Gegenüber Russland hart bleiben
"Misstrauen unter Unternehmern" - Freihandelsabkommen mit USA gefordert
Osnabrück.- Die deutsche Wirtschaft plädiert in der Ukraine-Krise für eine unverändert harte Haltung gegenüber Russland. Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer sagte in einem Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Montag), er sehe augenblicklich keine Alternative zu den Wirtschaftssanktionen gegen Russland: "Wir können uns nicht damit anfreunden, in einem Staat zu investieren, der seine Außengrenzen nicht achtet. Denn wer territoriale Integrität nicht achtet, der achtet womöglich auch andere Regeln nicht." Ein Staat, der seine Nachbarn drangsaliere, löse unter Unternehmern "Skepsis und Misstrauen" aus.
Kramer sieht das Geschäftsleben durch die Ukraine-Krise "deutlich gestört". Er betonte, die Auswirkungen der Wirtschaftssanktionen seien momentan eindeutig in Russland am stärksten: "Aber auch Teile der heimischen Wirtschaft berichten inzwischen über Probleme."
Kramer drängte zudem auf zügige Verhandlungen über das geplante europäisch-amerikanische Freihandelsabkommen TTIP. Besorgnisse, internationale Schiedsgerichte könnten zum Nachteil der Europäer sein, wies er zurück. Er sagte: "Es unterwerfen sich immer zwei Seiten den gleichen Regeln. Insofern sind ausgewogene Regeln zu erwarten."
Der Arbeitgeberpräsident fügte hinzu, Unternehmen vereinbarten "sehr gern Schiedsgerichtsverfahren". Dahinter stehe im internationalen Bereich, dass man zum Schutz von Investitionen Sicherheit über das Rechtssystem haben wolle. Ein großer Vorteil von Schiedsgerichten sei außerdem die beschleunigte Lösung von Streitfällen. "Das kann Unternehmen viele Jahre der Rechtsunsicherheit ersparen. So etwas kann auch im zwischenstaatlichen Bereich gelten. Da sehe ich keine Probleme."
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