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Westfalenpost: Global, normal, brutal

Hagen (ots)

Die Industrie-Karawane zieht weiter
Von Bodo Zapp
Eines ist unstrittig: Von der Globalisierung, dem Verschwinden von 
Grenzen und Zollschranken, profitieren viele. Auch die deutsche 
Wirtschaft. Das ist jedoch überhaupt kein Trost für Menschen, die 
wegen dieser neuen Offenheit gerade ihren Arbeitsplatz verlieren. Was
bei Nokia in Bochum passiert, haben andere auch schon erlitten, und 
vielen Arbeitnehmern stehen Enttäuschung und Empörung noch bevor. Die
Industrie-Karawane zieht weiter, in gelobte Förderländer. Auf der 
Strecke bleiben Menschen, denen man nicht verargen kann, wenn sie von
den Gesetzen der Marktwirtschaft nichts mehr hören wollen, die sich 
schlicht verschaukelt fühlen.
 Brutalstmögliche Mitnahme aller finanziellen Vorteile ist - leider -
normal bei Konzernen, deren Manager sich allein den Aktionären und 
dem Börsenkurs verpflichtet fühlen, denen regionale Bindung nur so 
lange etwas bedeutet, wie sie besten Gewinn verspricht. Das kann man 
zu Recht beklagen, darüber kann man sich - wie die Politiker - vor 
Mikrofonen und Protestpublikum aufregen, die einmal beschlossene 
Abwanderung wird man aber nicht stoppen können. So ist die 
Wirtschaftswelt, so ist die groß gewordene EU, nur traut sich kaum 
jemand, seine Ohnmacht offen zu zeigen.
 Was hierzulande mit großer Selbstverständlichkeit praktiziert wurde,
Firmenanwerbung mit Hilfe üppiger Subventionen, machen jetzt andere. 
Da müssen die Zig-Millionen nicht einmal direkt in die 
Unternehmenskassen fließen. Ein dichtes Geflecht von 
"Strukturhilfen", verbunden mit Lockvogel-Niedrigsteuern, ist wirksam
genug. Wer das als unanständig anprangert, hätte besser früher tiefer
nachgedacht. Und bei der fortwährenden EU-Erweiterung nicht nur 
"prima" gerufen.
 Verzichtbereite deutsche Belegschaften können nicht annähernd mit 
dem Lohnniveau etwa in Rumänien mithalten. Wo der Gewinnsache auf 
Dauer auch nicht zu trauen ist. In der Ukraine lassen sich 
supergünstig Massenartikel herstellen. Und ist die Produktion in 
Vietnam oder Kambodscha nicht noch kostengünstiger?
 Im Wettlauf um Billig-Fabriken kann Deutschland nicht mithalten. Um 
so wichtiger und dringlicher ist es, in die Entwicklung hochwertiger 
neuer Produkte, in Bildung und Wissenschaft zu investieren. Wenn wir 
auch künftig unseren Lebensstandard halten wollen, müssen wir besser 
sein als die Konkurrenz in den Ländern, die endlich ihren Teil vom 
großen Wirtschaftskuchen haben wollen. So zu tun, als sei die 
Schreckenssache Nokia völlig überraschend gekommen, als habe man nie 
etwas vom satten Heuschrecken-Futter im Osten gehört, ist zu billig.

Pressekontakt:

Westfalenpost
Redaktion

Telefon: 02331/9174160

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