Westfalenpost: Die Gewissensfrage Kompromiss bei Stammzellen-Forschung
Hagen (ots)
Von Andreas Thiemann
Die gut sechsjährige Stichtag-Verschiebung bei der Stammzellen-Forschung ist ein politischer Kompromiss, der nach einer buchstäblich gewissenhaften Debatte im Bundestag zustande gekommen ist. Er erweitert den Wissenschaftlern ihren Arbeitsraum erheblich, setzt aber zugleich auch eine neuerliche Grenze. Verständlicherweise geht dies den Mahnern und Kritikern natürlich viel zu weit; sie sehen ein drohendes Nachgeben auf Raten, ein etappenhaftes Auflösen christlich-ethisch definierter Überzeugungen. Doch muss immerhin anerkannt werden, dass durch die festgesetzte Termingrenze auch ein deutliches Signal gegen eine mögliche (und lukrative) Stammzellen-Industrie gegeben wird. Die Bundestagsabgeordneten haben sich ihre jeweilige Entscheidung in keinem Fall leicht gemacht; sie haben ihr Gewissen geprüft und entsprechend abgestimmt. Man mag das Ergebnis bedauern, doch es ist zu respektieren. Momentan ist es auch müßig, darüber zu spekulieren, wie lange dieser Bundestagsbeschluss Bestand haben wird. Vielleicht wird es in ein paar Jahren abermals eine Verschiebung geben, doch auch das wäre immer noch besser als eine völlige Freigabe. Wann und ob überhaupt die Stammzellen-Forschung die schon seit langem in Aussicht gestellten medizinischen Wohltaten einlösen kann, ist heute nach wie vor völlig offen. Die Euphorie, mit der noch vor einigen Jahren Hoffnungen und Phantasien schlagzeilen-intensiv beflügelt worden sind, ist deutlich nüchterner geworden. Auch daran darf anlässlich der jüngsten politischen Weichenstellung erinnert werden.
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