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Westfalenpost: Ein Jahr nach der Lehman-Pleite

Hagen (ots)

Krise - welche Krise? Das fragt sich heute manch
einer, der ein Jahr nach der Lehman-Pleite einen sicheren 
Arbeitsplatz hat, dank Abwrackprämie ein neues Auto besitzt, sich 
über niedrigste Lebensmittelpreise und Kreditzinsen freut sowie sein 
Erspartes vor Bankenpleiten besser geschützt sieht. Alles Folgen der 
Beinahe-Kernschmelze der Finanzwelt nach dem 15. September 2008, als 
die US-Regierung die Investment-Bank Lehman Brothers in den Abgrund 
stürzen ließ.
Ein riesiger Fehler, gewiss. Ohne die Lehman-Pleite hätte die 
Weltwirtschaft geschwächelt, aber sie hätte nicht unmittelbar vor dem
Kollaps gestanden. Nur die entscheidende Frage, ob seitdem Vorsorge 
getroffen worden ist, dass sich die dramatischen Ereignisse von 
damals nicht wiederholen können, ist damit noch nicht beantwortet. 
Das heißt konkret: Aus heutiger Sicht ist eine Wiederholung nicht 
ausgeschlossen, weil die Regierungen versagt haben.
Wo sind die neuen Regeln und die neuen Werte, die eine neue Krise in 
einem Finanzsektor verhindern sollen, der statt zu dienen immerzu 
herrschen will? Wo ist die Kontrolle allzu gewagter Bankgeschäfte, 
ohne den Weg der Verstaatlichung einer ganzen Branche zu gehen? 
Deutschland hat sich bis jetzt, um zu retten, was zu retten ist, 
lediglich zu Maßnahmen zum Krisenmanagement verstanden - Staatshilfe 
für Banken, Bad Banks für faule Wertpapiere.
Neue Regeln sind das noch nicht, die müssen europäisch oder global 
abgestimmt und durchgesetzt werden. War die Bereitschaft dazu nach 
dem 15. September 2008 noch in Grundzügen vorhanden, so im April beim
G-20-Gipfel der Absichtserklärungen in London, so ist sie heute, bei 
langsam anspringender Weltkonjunktur, kaum noch erkennbar. Vor allem 
die USA und Großbritannien sperren sich aus ideologischen Gründen 
gegen verpflichtende internationale Regeln für die Finanzmärkte.
Die deutsche Haltung, über Parteigrenzen hinweg, muss lauten: Kein 
Angebot und kein Markt sollte ohne Regulierung bleiben. Denn erstes 
Opfer unregulierter Finanzprodukte ist immer Otto Normalsparer.

Pressekontakt:

Westfalenpost
Redaktion

Telefon: 02331/9174160

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