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Westfalenpost: Mit Beißhemmung

Hagen (ots)

Das Urteil zur Datenspeicherung
Von Winfried Dolderer
Man kann sich mittlerweile darauf verlassen, auf diesen Masochismus 
der Berliner Politik: Immer, wenn ihnen das Bundesverfassungsgericht 
ein Gesetz um die Ohren haut, brechen die dafür Verantwortlichen in 
reines Entzücken und Dankbarkeit aus. Gestern war dieses Phänomen 
besonders augenfällig bei der SPD, die es als "wesentliche Stärkung 
der Bürgerrechte" feiert, dass die Karlsruher Richter ein von einer 
SPD-Justizministerin fabriziertes Paragraphenwerk in die Tonne 
treten.
 Sie setzen damit eine Rechtsprechung fort, mit der sie in den 
vergangenen Jahren zu wiederholten Malen den überschießenden Eifer 
der Sicherheitspolitiker mit mehr Nachdruck oder weniger 
korrigierten. Man denke an die Urteile zu Online-Durchsuchung, 
Flugsicherheit, Großem Lauschangriff. Wie viel von unserer Freiheit 
und von unserem Recht, vom Staat unbehelligt zu bleiben, möchten wir 
uns unsere Sicherheit kosten lassen, ist ja die Frage, die sich seit 
dem 11. September als roter Faden durch die innenpolitische Debatte 
zieht, keineswegs nur in Deutschland: Manche Bürger würden vielleicht
im Zweifel für die Sicherheit optieren. Das Verfassungsgericht findet
sich zuverlässig auf der Seite der Freiheit.
 Dabei weicht gleichwohl das gestrige Urteil in einem Punkt von der 
bisherigen Linie ab. Erstmals verzichten die Richter darauf, eine 
umfassende Datenspeicherung ohne konkreten Anlass für prinzipiell 
verfassungswidrig zu erklären. Dies aus Rücksicht auf die EU, deren 
Richtlinie die Bundesregierung mit dem verworfenen Gesetz gefolgt 
ist. So gesehen ein Urteil mit Beißhemmung.

Pressekontakt:

Westfalenpost
Redaktion

Telefon: 02331/9174160

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