Westfalenpost: Fasten
Fastenzeit
Hagen (ots)
Auch wenn es in diesen Tagen die religiöse Tradition ist, die uns den Verzicht nahe legt: Das Fasten ist für viele Menschen zum Wellness-Artikel geworden. Inklusive innerer Einkehr - nach welcher theologischen Ausrichtung auch immer. Selbst die katholische Kirche freut sich, wenn Menschen zumindest für eine kurze Zeit innehalten. Die 40-tägige Fastenzeit sei eine "Zeit der Entschleunigung", sagt der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Erzbischof Robert Zollitsch. Entschleunigung, die wir angesichts der zunehmenden Belastung durch Arbeit und Familienverantwortung gebrauchen können. Sich selbst einmal abbremsen, nicht alles mitnehmen, was geht. Verantwortlich mit dem eigenen Ich umgehen - all das haben wir in der Hand. Auf Alkohol verzichten, aufs Auto, auf Zigaretten - hier zählt der eigene Wille. Doch was ist mit den Faktoren, die wir selbst nicht beeinflussen können? Wer kann sich entschleunigen, wenn der Arbeitsplatz verloren geht. Wer kann verzichten, wenn es zum Leben nicht reicht? Dass in Fastenaktionen von Kirchen und kirchennahen Gruppen zu vielfältigem Verzicht aufgerufen wird - vom Facebook-Fasten, um sich wieder anderen Dingen zu widmen, bis zum Sex-Fasten zur Wiederbelebung der Partnerschaft - mag populär sein, zu einer gesamtgesellschaftlichen Debatte führen diese Wege nicht. Gerade diese ist aber notwendig, um Veränderungen anzustoßen. Konzentration auf das Wesentliche ist ein Ziel des Fastens. Für den Einzelnen eine Chance, seinen Glauben zu finden. Für die Kirchen eine Chance, ihre Stimme hörbar zu machen. Sie sollten sie nutzen, sonst ist Fasten bald wirklich nur noch ein Wellness-Thema.
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