Westfalenpost: Schuldprinzip als Grundlage des Rechtsstaats Von Harald Ries
Hagen (ots)
Der Ärger der Polizei ist verständlich: Viele Temposünder kommen davon, weil ihnen der Verstoß nicht nachgewiesen werden kann. Der Versuch bindet Personal, das besser eingesetzt werden könnte, moniert Gewerkschaftschef Wendt. Diese Klage hat er bereits mehrfach vorgetragen. Ohne Erfolg. Zum Glück.
Es ist ja auch sonst leider so, dass allerlei große und kleine Kriminelle ungestraft davonkommen, weil ihnen ihr böses Tun nicht nachgewiesen werden kann. Aber dieser Nachweis sollte im Rechtsstaat nun einmal die Voraussetzung für eine Strafe sein. Man nennt das Schuldprinzip. In Deutschland hat es Verfassungsrang. Das ist der Hintergrund der Fahrerhaftung - im Gegensatz zur Halterhaftung, die in vielen anderen europäischen Ländern, wenn auch längst nicht in allen, gilt.
Sind das keine Rechtsstaaten? Schon. Der Unterschied bei Verkehrsdelikten liegt in der Pflicht des Halters, bei der Ermittlung des Fahrers mitzuwirken. Wenn er sich dort sperrt, muss er zahlen. Bei uns dagegen genießt er ein Zeugnisverweigerungsrecht, sofern er Ehepartner, Verlobte, Lebenspartner, Eltern, Kinder, Großeltern, Enkel, Geschwister oder Geschwister des Ehepartners belasten müsste. Praktisch geht er also straffrei aus, wenn er auf dem Foto nicht zu erkennen ist.
Bei kleineren Parkverstößen gibt es eine reale Halterhaftung über die Verfahrensgebühren. 18,50 Euro. Das würde Raser nicht schrecken. Auch eine Geldbuße nur bedingt. Wichtiger sind die Punkte in Flensburg oder ein Fahrverbot. Und damit kann immer nur der Fahrer belegt werden. Was für die Polizei heißt, dass sie ab 20 km/h über dem Limit sowieso ermitteln müsste. Das mag mühsam sein, aber so ist nun einmal ihr Geschäft.
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