Westfalenpost: Ein langer Weg Von Carsten Menzel
Hagen (ots)
Was aktuell im politischen Berlin passiert, gut eine Woche nach der Bundestagswahl, ist nicht nur der übliche Aufgalopp auf dem Weg hin zur Bildung einer neuen Regierung: Die Bundesrepublik erlebt die Neusortierung und Positionierung der etablierten Parteien nach dem parlamentarischen Tod der FDP. Denn: Es gibt auf Sicht im Bundestag einen Mehrheitsbeschaffer weniger und damit eine gravierende Veränderung im Gefüge des Parlaments. Und das betrifft nicht nur die Union, die ihren Koalitionspartner verloren hat.
Große Koalition? - Wahrscheinlich. Schwarz-Grün? - Nicht unmöglich. Rot-Rot-Grün? - Zumindest rechnerisch möglich. Alle drei Optionen, die der Wahlausgang zulässt, führen automatisch dazu, dass die beteiligten Parteien ihre Position zueinander neu festlegen müssen. Nur so sind auch die vielen Stimmen, die aus den Landesverbänden der Parteien den Berliner Spitzen sekundieren, zu verstehen.
Die Erwartungen und Vorbehalte, die formuliert werden, sind der Ausdruck der Neupositionierung: Die Grünen öffnen sich langsam zur CDU, was der Union eine Neubewertung der Öko- und Bürgerrechtepartei abverlangt. Die SPD muss ihren Standpunkt zur Linkspartei überdenken, die wiederum ihrerseits, um überhaupt auf Bundesebene koalitionsfähig zu werden, endlich selbstkritisch ihre SED-Vergangenheit aufarbeiten muss; außerdem wissen die Sozialdemokraten, wie es ist, von Angela Merkel auf unter 30 Prozent regiert zu werden. Die Begeisterung für eine Große Koalition ist daher schon aus taktischen Gründen extrem gering.
Deshalb gibt es bislang nur zwei Aussagen, die belastbar bleiben: Die Regierungsbildung wird ein schwieriger Akt. Und er wird lange dauern.
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