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Westfalenpost: Wie auf Helgoland, so auch auf Lampedusa
Kommentar von Stefan Hans Kläsener zum Flüchtlingsdrama in Europa

Hagen (ots)

Stellen Sie sich nur einen Moment eine solche Szene gedanklich vor: Sie sitzen im Strandkorb auf Usedom, genießen Wind, Sonne und Ruhe, bis die friedliche Ostsee Dutzende von Leichen an den Strand spült. Oder Sie bewegen sich mit dem Schnellboot auf Helgoland zu, als plötzlich Schiffbrüchige in kleinen Nachen in der wilden Nordsee auf sich aufmerksam machen. Wir empfänden das als einen unerträglichen Skandal, weil es ein unerträglicher Skandal ist! Nun passieren Szenen wie diese seit Monaten an den Küsten im südlichen Mittelmeer. Die westlichen Staaten können zwar heute verhindern, dass ein Unbefugter einen Schraubenzieher von der Meeresseite aus an den Strand von Gaza oder Beirut transportiert. Aber brüchige Boote mit hunderten Menschen an Bord übersehen wir? Und es bedarf eines Fischers, die Todgeweihten einen Kilometer vor der Küste zu entdecken? Schande und Scham - mehr fällt einem dazu nicht ein. Und die Schutzbehauptung, man habe es hier mit Kriminellen zu tun, fällt in sich zusammen. Kriminelle zur See bekämpfen wir schließlich auch am Horn von Afrika, und zwar gar nicht mal ohne Erfolg. Es mag zynisch klingen, aber die Katastrophe von Lampedusa ist von den Opferzahlen her so gravierend, dass sie nicht folgenlos bleiben darf. Es ist nicht Aufgabe Maltas oder einer Bürgermeisterin auf einer italienischen Vulkaninsel, mit der Situation fertig zu werden. Es ist die verdammte Pflicht und Schuldigkeit des zivilisierten Europa, für eine menschenwürdige Flüchtlingspolitik zu sorgen. Eines schließt dies jedoch ein, und dieser Einsicht verweigern sich nur Ideologen oder Träumer: Wir werden mehr Menschen aufnehmen müssen.

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