Westfalenpost: Der 18. Deutsche Bundestag
Hagen (ots)
<p>Seit heute hat Deutschland keine Regierung mehr. Genauer: Es ist nur noch ein geschäftsführendes Kabinett im Amt. Man kann dies als Zeichen der Gelassenheit interpretieren, denn ein Staat, der sich an der Spitze eine Art Standby leisten kann, scheint in sich zu ruhen. Es ist aber auch ein Indiz dafür, dass die Regierungsbildung schwierig ist - allen Parteikonventen und guten Worten zum Trotz.</p><p/><p>Zugrunde liegt den komplizierten Berliner Sondierungen ein paradoxes Wahlergebnis: Eine deutliche Niederlage der dem linken Lager zuzurechnenden Parteien Linke, SPD und Grüne bescherte diesen eine Mehrheit der Mandate im Bundestag. Ein Regierungsauftrag ließ sich daraus selbstverständlich nicht ableiten, denn lediglich die SPD hatte schmale Stimmengewinne zu verzeichnen. Umgekehrt verhielt es sich für die strahlende Wahlsiegerin Union: Das bürgerliche Lager verlor durch die abgestürzte FDP ihre Mehrheit, die Alternative für Deutschland, die an der Fünf-Prozent-Hürde kratzte, wäre für eine Regierungsbeteiligung ohnehin nicht in Frage gekommen.</p><p/><p>So beginnt eine spannende Legislaturperiode, über deren Haltbarkeit man besser keine Wette eingehen sollte. Denn die Versuchung, bei ersten gravierenden Verstimmungen in einer großen Koalition diese aufzukündigen und doch die Mehrheit links der Union zu basteln, wird die Sozialdemokraten von Stund an begleiten. Umgekehrt kann die Union es nicht zulassen, dass vier Jahre lang der Schwanz mit dem Hund wedelt und die ohnehin schwammige Unions-Programmatik noch weiter verwässert wird. Es wird, aller Konstanz an der Spitze von Bundestag und Kanzleramt zum Trotz, eine eher unruhige Legislatur werden. </p>
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