Westfalenpost: Ministerialdirigentin Merkel und ein alter Trick
Kommentar von Stefan Hans Kläsener zur Regierungserklärung
Hagen (ots)
Wenn jemand von der Bundeskanzlerin eine große Rede erwartet, dann ist ihm eines gewiss: die Enttäuschung danach. Es ist Angela Merkels Sache nicht, die großen Linien zu entwerfen, zu Pathos und Rhetorik zu greifen und die Menschen mitzureißen. Sie führt Deutschland nach Art eines Ministerialdirigenten, und sie macht das nach Meinung vieler Menschen ja auch gut und verlässlich. Kein "Mantel der Geschichte", keine "Agenda 2010", kein großer Wurf. Eher ein beharrliches, hartnäckiges "Weiter auf dem Weg". Bei genauerem Hinhören bemerkt man dann aber die Untertöne, die bei eher leise veranlagten Menschen naturgemäß besonders wichtig sind. Den Vorrang der Energiewende, den sie als große Chance für Deutschland und als möglichen Exportschlager anpreist. Nahezu wortgleich hatte das schon vor Jahren ein damaliger Bundesumweltminister getan. Sein Name: Sigmar Gabriel. Und so verlängert die Kanzlerin ihren alten Trick: Sie mischt sich in das Thema des Vizekanzlers ein, um ihn klein zu halten. Es ist ja auch ein wichtiges Thema, das sie mit Fug und Recht zur Chefsache machen kann. Aber ob Gabriel sich so leicht wie Westerwelle, Rösler und Steinmeier die Butter vom Brot wird nehmen lassen, werden wir schnell erleben. Das Zweite: Sie schlägt gegenüber den US-Amerikanern nach den verharmlosenden Wortmeldungen doch einen schärferen Ton an. Das Vertrauen ist erschüttert, und bei der vorsichtig-misstrauischen Kanzlerin ist das schwer zu heilen. Aus all dem wird aber kein wirkliches Ganzes. Nach der langen Regierungsbildung eine blasse Regierungserklärung. Merkel bleibt merkwürdig.
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