Westfalenpost: Ein Wendepunkt Von Harald Ries
Hagen (ots)
Bei unklarer Faktenlage gedeihen Verschwörungstheorien. Ihre Anhänger glauben nicht an Zufälle (schon wieder Malaysia Airlines, schon wieder Boeing 777?) und fragen nach Profiteuren. Tatsächlich ist derzeit kaum zu beurteilen, ob angeblich abgefangene Separatisten-Funksprüche Beweise, Indizien oder nur Puzzlestücke im Propaganda-Krieg darstellen. Die wahrscheinlichste Version scheint aber zu sein: Die anti-ukrainischen Kämpfer wollten eine Militärmaschine abschießen und trafen versehentlich ein ziviles Flugzeug.
Das hebt den bisherigen Regionalkonflikt auf eine neue Eskalations-Ebene, die den Strippenziehern im Kreml kaum gefallen dürfte. Wer den prorussischen Milizen ihren Krieg gegen die Ukraine ermöglicht, wird die volle Macht westlicher Sanktionen zu spüren bekommen, sobald die Beweiskette geschlossen ist. Putin muss sich fragen, ob er nicht Kräfte heraufbeschworen hat, die seiner Kontrolle entwachsen sind.
Das optimistische Szenario möglicher Konsequenzen wäre dieses: Europa und die USA treten geschlossen gegenüber Moskau auf und machen zugleich der Regierung in Kiew klar, dass sie der russisch-sprachigen Bevölkerung im Osten Angebote machen muss. Russland entzieht - dank des Terrors ohne maximalen Gesichtsverlust - den Separatisten die Unterstützung, worauf diese aufgeben, weil Waffennachschub fehlt und die Bevölkerungsmehrheit sowieso nicht hinter ihnen steht.
Ein weiteres Aufschaukeln des Konflikts ist jedoch gleichermaßen möglich. Putin könnte stur bleiben, die Nato sich zu direkter Unterstützung Kiews entschließen. Nur ein Weiter-so kann es nicht mehr geben. Der Tod der 298 Unbeteiligten ist ein Wendepunkt - so oder so.
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