Westfalenpost: Widerstand als Prinzip Von Harald Ries
Hagen (ots)
Die meisten Flüchtlinge kommen in Bayern an, und die Bereitschaft anderer Bundesländer, schnell durch Übernahme zu helfen, ist nicht überall sehr ausgeprägt. Die Probleme sind im Südosten gravierender, die Sorgen also auch. Das ist verständlich. Aber reicht das aus, um Horst Seehofer zu verstehen?
Natürlich weiß auch er, dass Deutschland seine Grenzen nicht schließen kann ohne Mauer und Schießbefehl. Ihm dürfte bekannt sein, dass die Möglichkeiten, den Krieg in Syrien und dem Irak zu beenden oder auch nur die anderen EU-Staaten zu zwingen, einen angemessenen Anteil von Flüchtlingen aufzunehmen, äußerst beschränkt sind. Und eine Rückführung nach Österreich oder gar Griechenland und Italien würde das Chaos nur vergrößern. Aber Seehofer passt Merkels Kurs eben prinzipiell nicht. Deshalb droht er so schrill. Gestern war vom Plan, die Grenze zu Österreich zu schließen, einem Verfassungsbruch, keine Rede mehr. Zumindest nicht direkt. Unter "anlassbezogenen eigenen Maßnahmen" kann und soll man sich alles Mögliche vorstellen. Auch eine Verfassungsklage hätte kaum aktuelle Bedeutung. Es geht Seehofer nur um eine möglichst laute Demonstration des Widerstands.
Das ist bedauerlich. Denn Schwächen hat Merkels humaner Kurs in den praktischen Details. Wie Gemeinden, Polizei, Behörden, Helfer, Schulen und Kitas mit den Überforderungen klar kommen sollen, erklärt sie nicht. Den Bürgern, die Konkurrenz auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt fürchten oder einen Anstieg der Kriminalität, hat sie wenig zu sagen. Hier kann und muss Berlin mehr tun. Das einzufordern, wäre die bessere Kritik. Am Ende geht es wohl doch um Psychologie: Horst Seehofer fühlt sich nicht wichtig genug genommen.
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