Westfalenpost: Türkei
Hagen (ots)
Aus der Distanz fällt es schwer, die Vorgänge in der Türkei zu bewerten. Dass die Regierung Hexenjagd auf Journalisten macht, die sie kritisch begleitet, erleichtert die Urteilsfindung. Wie schwach muss sich Recep Tayyip Erdogan fühlen, wenn er jede, wirklich jede unliebsame Stimme im Land im Keim ersticken will? Selbst unschuldige Kinder, die Plakate von ihm in irgendeiner Form beschädigen, werden mit Strafverfahren überzogen oder gar eingesperrt. Mit seiner so genannten Säuberung der Vaterlandsverräter in Justiz, Polizei, Wissenschaft, Bildung und Medien will Erdogan ein für allemal alle kritischen Geister einschüchtern und mundtot machen. So baut er seine Macht systematisch aus. Die Folge: Es herrscht ein Klima der Angst. Ein Land, in dem jeder wegen kleinster missliebiger Meinungsäußerungen mit Entlassung oder gar Verhaftung rechnen muss, kommt zwangsläufig zum Stillstand. Mit der Schere im Kopf lässt sich nicht besser denken und arbeiten. Die Willkürherrschaft Erdogans ist auch ein Beleg für die Zerbrechlichkeit der Gesellschaft in der Türkei. Warum sonst sollte die Sehnsucht nach einem Führer so groß sein? Bemerkenswert bleibt das Schweigen der Bundesregierung angesichts dieser Entwicklung. Die Haltung aufrechter Demokraten sieht anders aus.
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