Westfalenpost: Europas kleiner Trump
Kommentar von Michael Backfisch zur ungarischen Flüchtlingspolitik
Hagen (ots)
Wieder einmal dreht Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán an der Abschottungsschraube. Das Parlament in Budapest beschloss ein Gesetz, wonach Flüchtlinge künftig für die Dauer ihrer Asylverfahren in Internierungslagern festgehalten werden. Frauen und Kinder eingeschlossen in Containerburgen, von Stacheldraht umzäunt: Das sind hässliche Bilder für Menschen, die die Gräuel des Krieges mit Ach und Krach hinter sich gelassen haben. Orbán bleibt sich treu. Er war einer der ersten in Europa, der sich Migranten durch Zäune vom Leib halten wollte. In Brüssel wurde er dafür gerügt. Ungarns Premier war der Vorläufer der radikalen Grenzen-dicht-Politik, die durch das Mauer-Vorhaben von US-Präsident Trump einen vorläufigen Höhepunkt erreicht hat. Er ist, wenn man so will, der kleine Trump. Die scharfe Kritik, die Orbán jetzt aus Deutschland und der EU entgegenschlägt, ist allerdings scheinheilig. Mittlerweile stehen auch in der Gemeinschaft die Zeichen auf der Begrenzung des Flüchtlingsansturms. Das Zauberwort der EU heißt nun: Migrationspartnerschaft mit Nordafrika. Der Sondergipfel in Malta hat vereinbart, künftig Flüchtlingslager in Libyen zu finanzieren. Selbst Kanzlerin Angela Merkel hatte die Idee von Auffanglagern ins Spiel gebracht. Nur: Wer soll garantieren, dass Menschen nicht eingesperrt werden wie in den Internierungslagern Ungarns? Das Motiv dieser Vorstöße ist verständlich. Doch vor Illusionen sei gewarnt: Libyen ist ein vom Bürgerkrieg zerrissenes Land. Es verfügt über eine zerbrechliche Regierung, die nicht viel mehr unter Kontrolle hat als einige Bezirke in Tripolis. Zu erwarten, dass Migranten dort eine menschenwürdige Unterkunft bekommen, ist bestenfalls Wunschdenken.
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