Westfalenpost: Ein falsches Verständnis von Tradition
Kommentar von Martin Korte zum Bundeswehr-Skandal
Hagen (ots)
Nein, natürlich ist die Bundeswehr kein rechtsradikaler Haufen. Zwar steckt in diesem Satz auch ein Stück Hoffnung, aber die Analyse der Fakten spricht derzeit eher für eine Häufung bedauerlicher Einzelfälle. Das soll nichts beschönigen: Wenn Soldaten Anschläge planen, die sie dann Flüchtlingen in die Schuhe schieben wollen, muss der Rechtsstaat mit aller Härte durchgreifen. Und er ist verpflichtet, den Ursachen eines solchen Verhaltens auf den Grund zu gehen. Die Einzelfälle und der Umgang mit ihnen haben allerdings das Zeug, den Ruf des Militärs nachhaltig zu beschädigen. Die Bundeswehr und ihre Führung (einschließlich der Verteidigungsministerin) haben die Gefahr unterschätzt, dass ein falsches Verständnis von Tradition den Nährboden für rechtes Gedankengut bilden kann. Sicher, Ausstellungen mit Wehrmachts-Devotionalien in Kasernen lassen sich als eine Art Geschichtsunterricht interpretieren. Dann aber müssen sie permanent pädagogisch begleitet werden. Geschieht das nicht, handelt es sich bloß um die Zurschaustellung von Instrumenten, die den Krieg und das Dritte Reich verherrlichen. Das Versagen von der Leyens und ihrer Vorgänger liegt in der Missachtung dieses Problems. Wer es zulässt, dass eine wichtige Kaserne den Namen des nationalsozialistischen Generalfeldmarschalls Rommel trägt, muss sich nicht wundern, wenn die Menschen, die dort arbeiten, diesen Kriegsherrn als Wüstenfuchs verehren.
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