Westfalenpost: Vorfahrt für Kinder? Familienpolitik ist angesagt
Hagen (ots)
Von Lorenz Redicker
"Frauen, Familie und Gedöns"- für den Bundeskanzler, und nicht nur für den, waren Kinder und Familie noch vor wenigen Jahren Themen aus dem politischen Abseits. Wähler oder gar Wahlen waren damit nicht zu gewinnen. Das scheint sich gründlich geändert zu haben. Die Parteien deklarieren die Familie als d a s Zukunftsthema und überbieten sich in ihren Forderungen für eine kinderfreundlichere Gesellschaft. Elterngeld und mehr Kinderbetreuung hie, 8000 Euro Kinderfreibetrag und 50 Euro für die Rente da. So viel Familienpolitik war nie. Allzu lange haben Politik und Gesellschaft das Thema verschlafen. "Kinder kriegen die Leute sowieso" - der alte Adenauer-Satz gilt dabei nicht erst seit gestern nicht mehr; an Kinderschwund leidet dieses Land seit mehr als drei Jahrzehnten. Aus der demografischen Falle kommen die Deutschen deshalb so schnell nicht heraus - gleich, wie die Familienpolitik auch aussehen mag. Jetzt immerhin bewegt sich etwas: Ganztagsbetreuung, Ganztagsschulen etwa sind notwendig, erleichtern vielen Frauen und Männern die Entscheidung für Kinder. Auch die Union hat das erkannt und - in weiten Teilen - akzeptiert. Dass die Parteien nun die Familienförderung bündeln, Geld zielgerechter verteilen wollen, macht ebenfalls Sinn. Familienpolitik aber darf sich nicht aufs Geldverteilen beschränken, will sie erfolgreich sein. Die lokalen Bündnisse für Familie, die viele Akteure zusammenbringen, könnten wegweisend sein. Am Ende hängt die Entscheidung für oder gegen Kinder aber von vielen Dingen ab, einiges ist dabei von der Politik, von außen kaum zu beeinflussen. Vorfahrt für Kinder müsste auf der Agenda stehen. Soweit indes ist dieses Land nicht, wird es vielleicht nie sein. Derzeit sind Arbeitsplätze wichtiger, später vielleicht der Schuldenabbau. Dabei dürfte die fehlende Wirtschaftsdynamik auch Folge der Alterung sein, und wer, wenn nicht die Kinder von heute, soll morgen Steuern zahlen? So langfristig denkt und handelt die Politik jedoch selten.
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