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Westfalenpost: Ein freudiger Tag. Überwiegend. 3. Oktober: Feiertag, nicht nur freier Tag

Hagen (ots)

Von Bodo Zapp
Tag der deutschen Einheit- für viele ist das nicht mehr als ein 
willkommener freier Tag, an dem Politiker Reden über Deutschland 
halten. Großes Bürgerfest in Potsdam, die übliche Feiermeile rund um 
das Brandenburger Tor: Ist das nicht eher ein Tag für die Menschen 
"drüben", wie man früher sagte? Richtig ist: 15 Jahre deutsche 
Einheit sind auch für uns im Westen ein großartiger Anlass zur 
Freude. Wegen einiger unbestritten negativer Entwicklungen sollte 
nicht der Blick für das Ganze verloren gehen.
 Sicher ist manches schief gelaufen beim Zusammengehen von Ost und 
West. Man mag sagen, dass es ohne die friedliche Revolution von 1989 
manchen hier zu Lande möglicherweise finanziell etwas besser ginge. 
Garantiert ist das nicht. Auch ohne den Kraftakt der 
Einheits-Bewältigung hätten in der "alten" Bundesrepublik Reformen 
angestanden. Aber in einem besseren Deutschland, in einem so sicheren
Europa geöffneter Grenzen wie jetzt, würden wir bestimmt nicht leben.
Wirtschaft nicht alles
 Wirtschaftlich gesehen hat die Einheit wie der folgende 
Zusammenbruch des kommunistischen Ostblocks neue Märkte und neue 
Gewinnchancen eröffnet. Neue Konkurrenten allerdings auch. Doch 
Wirtschaft ist nicht alles. Das Ziehen in der Magengrube bei Gedanken
an die "Zone", die Toten an der Grenze zwischen beiden deutschen 
Staaten, entwürdigende Behandlung der Reisenden durch DDR-Grenzer, 
der Stasi- und Spitzel-Staat - freuen wir uns uneingeschränkt, dass 
diese Zeiten vorbei sind. Menschen sind vergesslich.
 Die Wessis und die Ossis, sie sind vereint, verstehen sich aber 
nicht immer richtig. Hier die Klage über den 
Milliarden-Schluckapparat im Osten, dort das Gefühl, dass man ihnen 
nur Einheits-Fahrkarten zweiter Klasse zubilligen mag. Die 
Wirklichkeit ist kompliziert. Wenn bis zum Jahre 2019 im Rahmen des 
Solidarpakts II über 150 Milliarden Euro in die neuen Länder fließen 
sollen, ist die Frage nach der Notwendigkeit legitim. Manche Städte 
im Westen wären glücklich, wenn sie auch nur annähernd so viel Geld 
zur Verfügung hätten wie Gemeinden im Osten.
 Es wäre jedoch falsch zu sagen, der Milliardentransfer habe sich 
weitgehend als Fehlinvestition erwiesen. Das DDR-Grau ist raus, die 
Infrastruktur teilweise besser als hier, und es blüht tatsächlich in 
einigen Landschaften. Nicht in allen, das ist im Westen nicht anders.
Nur ist es an der Zeit, den Finanztropf gezielter einzusetzen. Und 
irgendwann muss dann auch Schluss sein mit dem großen Geldfluss. 
Bundespräsident Köhler hatte Recht, als er sagte, dass in Deutschland
nicht alle Unterschiede in Lebensverhältnissen eingeebnet werden 
können.
Zukunftsaufgabe
 Falsch wäre, den Menschen im Osten Undankbarkeit vorzuwerfen. Von 
einzelnen, auch den SED-Nachfolgern, sollte nicht auf die 
Allgemeinheit geschlossen werden. Auch dort wird fleißig gearbeitet, 
sofern Arbeit da ist. Richtig ist, dass die Anspruchshaltung auf 
staatliche Allversorgung, die zum Staatsbankrott führte, noch zu weit
verbreitet ist.
 Arbeit schaffen, das muss die große Zukunftsaufgabe sein. Dieses 
Ziel verbindet Ost und West. Manchmal hat man den Eindruck, dass es 
auch nach 15 Jahren noch mehr Trennendes als Gemeinsames gibt. 
Jedenfalls mehr als zwischen Nord und Süd. Es gilt, gegenseitige 
Vorbehalte abzubauen. Besuche helfen.
Keine Tiefenwirkung
 Dass auch das Abschneiden von Angela Merkel, der Frau aus dem Osten,
mit diesen Vorbehalten in Verbindung gebracht werden kann, ist nicht 
ganz von der Hand zu weisen. Für viele Jüngere, das sollte beachtet 
werden, ist das Thema "Ihr und Wir" allerdings jenseits der eigenen 
Lebenserfahrung. Sie sind im zusammen gewachsenen Deutschland 
aufgewachsen, für sie ist klar: Wir sind ein Land.
 Dem Tag der Einheit fehlt die emotionale Tiefenwirkung, wie sie vom 
Mauerfall-Tag 9. November 1989 ausgeht, als sich Menschen in den 
Armen lagen, weinend vor Glück. Aber der 3. Oktober ist ein guter Tag
des Erinnerns, ein freudiger Tag deutscher Geschichte.

Rückfragen bitte an:

Westfalenpost
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Telefon: 02331/9174160

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