Westfalenpost: Nichts dazu gelernt Wirbel um Oettingers Grabrede hält an
Hagen (ots)
Von Jörg Bartmann
Der Wirbel um die Grabrede des baden-württembergischen Ministerpräsidenten ist nicht beendet. Das ist gut so. Denn Oettinger hat sich nicht unglücklich ausgedrückt, er hat seine Worte mit Bedacht gewählt. Das wird von Tag zu Tag deutlicher. Daran ändert auch sein offener Brief keinen Deut. Eigentlich ist es nur noch schlimmer geworden, weil er Tatsachenverdrehungen bei Traueransprachen für normal hält. Wer jedoch Vorgänger Filbinger vom Mitläufer zum Nazigegner umdreht, Geschichte auf juristische Art verklärt, muss sich entschuldigen, deutlich machen, dass es keine Absicht sondern ein Versehen gewesen sei. Da reicht die wachsweiche Erklärung nicht, die sich im Bedauern auf Missver-ständnisse ergeht, ohne ein Abrücken von Inhalten erkennen zu lassen. Es muss mehr kommen, um aus dem Zwielicht der Geschichtsverklärung, der Schmuddel-ecke, einem Mitmachen in falsch verstandener Solidarität, heraus zu kommen. Seine ihm nahestehende Männerriege im Südwesten macht es Oettinger dabei nicht leicht. Der selbsternannte Modernisierer hat Berater um sich versammelt, die auf eine stramm konservative Wählerschaft setzen, die derzeit in der Union als heimatlos gilt. Wenn Oettinger sich allerdings mit seiner Rede Vorteile am rechten Rand erhofft, er innerhalb der CDU sich als Flügelmann profilieren will, hat er gleich eine Bauchlandung vollzogen. Denn nach Stoibers Abgang lag der Ball auf der Linie: neuer Sprecher der mächtigen Südschiene konnte nur Günther Oettinger werden. Eigentlich. Jetzt muss er sich Rücktrittsforderungen stellen. Die unnötige Affäre hat auch Oettingers Verhältnis zur Bundeskanzlerin nachhaltig verschlechtert. Angela Merkel steht innerhalb der Partei derzeit so stark da, dass sie eine öffentliche Rüge für einen CDU-Ministerpräsidenten ausspricht:Ihre Autorität ist gefestigt. Für Oettinger bedeutet es, dass er nicht zur Tagesordnung übergehen kann. Gerade weil er mit seiner grotesken Rückendeckung für Filbinger die meisten Bürger nicht in Anspruch nehmen kann. Es ist und bleibt ein peinliches Eigentor. Logische Folge: Eine nachhaltige Entschuldigung muss kommen.
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