Westfalenpost: Zank um den Zaun Die Aufregung vor dem G8-Gipfel
Hagen (ots)
Von Winfried Dolderer
Belagerungszustand? Ach was. In Heiligendamm sind Einwohner und Kurgäste immer noch recht guter Dinge, und ein wenig von ihrer Gelassenheit würde man sich auch für den Rest der Republik wünschen. Schließlich: Was wird schon groß passieren? Ein paar Politiker, die nur in der Propaganda ihrer verstocktesten Kritiker noch als allmächtige Weltenlenker figurieren, werden vor splendider Kulisse in die Kameras lächeln. Sie werden gut essen und irgendeinen Text abnicken, der nach spätestens zwei Tagen zu Recht vergessen sein wird. Hoffentlich macht wenigstens das Wetter mit, damit es schöne Fernsehbilder gibt. So ist das mit der Staatskunst im Medienzeitalter: Der politische Gehalt eines Ereignisses steht im umgekehrten Verhältnis zum Drumherum. Das Drumherum ist gewaltig. Da wird ein Zaun ums Tagungsgelände gezogen, und natürlich finden sich Menschen, die darin unbedingt den Eisernen Vorhang wiedererkennen wollen. Es gibt eine Razzia, und es soll ein Demonstrationsverbot auch noch vor dem Zaun gelten, was Gewaltwillige kaum irritieren wird, und die anderen werden dem Zaun schon nichts tun. Der Sinn für Proportionen ist auf beiden Seiten nicht sonderlich ausgeprägt, weder bei der Staatsgewalt noch bei ihren Kritikern. Oder ist man naiv, wenn man an die relativ einfachen Spielregeln der Demokratie erinnert: Natürlich sollen Politiker unbehelligt konferieren können, selbst wenn nichts Weltbewegendes dabei herauskommt. Und natürlich hat jeder, der es erforderlich findet, das Recht, dagegen zu demonstrieren. So einfach könnte es sein.
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