Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung
NRZ: Die Verantwortung der Besserverdiener
Der Staat muss die Steuern für Reiche anheben.
Essen (ots)
Das deutsche Steuerrecht führt zu einer Umverteilung von Arm zu Reich. Diese Erkenntnis stammt nicht von einem linken Systemkritiker. Das hat Paul Kirchhof gesagt, der Heidelberger Steuerrechtsexperte, der im Wahlkampf 2005 immerhin Merkels Schattenfinanzminister war. Recht hat der Mann. In den vergangenen Jahren hat sich Deutschland wahre Steuersenkungsorgien zugunsten besser Betuchter gegönnt.
Die Vermögenssteuer ausgesetzt, den Spitzensteuersatz gesenkt, die Erbschaftssteuer reformiert, die Kapitalertragssteuer durch Abgeltungssteuer ersetzt. Alles, um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu verbessern. Tatsächlich hat das vor allem die Reichen reicher gemacht und den Staat in Nöte gebracht. Bund, Ländern und Gemeinden fehlen dank der Steuersenkungen seit 1998 jährlich 51 Milliarden Euro, hat das gewerkschaftsnahe IMK-Institut vergangenes Jahr ausgerechnet.
Also muss gespart werden. Bei Jugendeinrichtungen, im Schulwesen, im Straßenbau. Und bei den Ärmsten, versteht sich, wie die jüngsten Hartz-Reformen gezeigt haben. Oder der Staat muss sich weiter verschulden. Auf Dauer wird das nicht gut gehen. Erstens ist es gefährlich für den Zusammenhalt einer Gesellschaft und die Demokratie, wenn der Staat sich zunehmend seinen Fürsorgepflichten entzieht und die Einkommens- und Vermögensverteilung als immer ungerechter erlebt wird. Zweitens ist es für die Binnenkonjunktur fatal, wenn öffentliche Investitionen ausbleiben und die private Nachfrage sinkt, weil sich immer mehr Bürger immer weniger leisten können. Drittens müssen die Jungen die Schulden der Alten zahlen.
Statt immer nur an der Ausgabenschraube zu drehen, ist es dringend nötig, endlich wieder die Einnahmen des Staates zu erhöhen. Sprich - Steuern für die Besserverdiener und Vermögenden anzuheben. Das gilt vor allem für die Erbschaftssteuer. Für besonders hohe Einkommen sollte auch der Spitzensteuersatz deutlich erhöht werden. Es gibt Reiche, die sich ihrer Verantwortung für das Gemeinwohl bewusst sind, wie die Initative der deutschen Millionäre um den Berliner Arzt Dieter Lehmkuhl zeigt; oder der Appell der französischen Superreichen um L'Oreal-Erbin Bettencourt. Leute, die ebenfalls linker Umtriebe unverdächtig sind.
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