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NRZ: Wulff hat es selbst in der Hand - Kommentar von Rüdiger Oppers
Essen (ots)
Nun schreibt Christian Wulff tatsächlich Geschichte. Sicherlich ganz anders, als er es sich gedacht hat. Zum ersten Mal soll gegen einen Bundespräsidenten strafrechtlich ermittelt werden. Noch nie hat ein Politiker dem höchsten Amt im Land so schnell so schweren Schaden zugefügt.
Damit der Staat gegen sein Oberhaupt ermitteln kann, müsste die Immunität des Amtsinhabers aufgehoben werden. Eine Entscheidung des Bundestags, die leicht zum Scherbengericht über Christian Wulff geraten könnte. Man kennt das. Allerdings aus Italien - vom unwürdigen Schauspiel um Berlusconi. Seit gestern ist es unangemessen, über den italienischen Operettenpräsidenten zu spotten, denn in Wulffs Welt ging es derart bunt zu, dass nun auch hierzulande der Staatsanwalt Ordnung darin schaffen muss.
Es wird höchste Zeit, dass die zahlreichen Vorwürfe gegen den Bundespräsidenten strafrechtlich aufgeklärt werden. Bei einem einfachen Polizeibeamten, der täglich für ein bescheidenes Gehalt seinen Kopf für den Staat hinhält, hat man bei Korruptionsverdacht weniger Geduld. Wenn ein Finanzbeamter sich zum Schnitzel mit Schorle einladen lässt, wird er disziplinarisch belangt.
Christian Wulf, mittlerweile von vielen als Schnorrerkönig geschmäht, ließ sich gern von großzügigen Gönnern aushalten, suchte seinen Vorteil, wo es nur ging. Damit ist er das Gegenteil von einem Vorbild für geradlinige, unbestechliche Staatsdiener. Was für den Bundespräsidenten gut ist, müsste auch für alle Beamten recht sein. Dann würde der Staat bald wie geschmiert nach dem Gesetz derer vom "Stamme Nimm" funktionieren. So wird die von Christian Wulff herbeigeführte "bunte Republik Deutschland" leider zur Satire.
Der Bundespräsident steckt die Kritik scheinbar locker weg, aber wird seine Affären, das ist seit gestern klar, nicht aussitzen können. Diese Botschaft müsste auch im Bundeskanzleramt angekommen sein. Angela Merkel kann am Amtsinhaber nicht mehr festhalten, ohne selbst Schaden zu nehmen. Bisher scheute sie den Ansehensverlust für ihre Partei und die Querelen um eine neue Präsidentenkür. Angesichts einer Bundestagsentscheidung über Wulffs Immunität und den ernsthaften Ermittlungen gegen ihren einstigen Traumkandidaten muss sie fürchten, selbst in den Mahlstrom von Wulffs Untergang gerissen zu werden.
Nur einer hat es in der Hand, ob unser Land mit Würde und Anstand aus der schweren Krise um das höchste Staatsamt herauskommen kann. Es ist Christian Wulff selbst. Was hat er sich nicht für Spottnamen anhören müssen: Präsident Pinocchio und Rabattkönig sind noch die harmloseren. Warum tut er sich das an?
Der Bundespräsident sollte umgehend zurücktreten. Damit ist der Weg frei für eine sachliche Prüfung der Vorwürfe gegen ihn, und das Schloss Bellevue wäre frei für ein würdiges Staatsoberhaupt.
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