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NRZ: Revolution in Brüssel - ein Kommentar von PETER HAHNE

Essen (ots)

Der Fortschritt ist eine Schnecke, die bei der Regulierung des Finanzsektors ganz besonders träge vorankriecht. Gut vier Jahre nach der Lehman-Pleite und dem Beinahe-Zusammenbruch des Weltfinanzsystems gibt es zwar ein paar paar neue Regeln für die Geldhäuser. Viel geändert aber hat sich in Wahrheit nicht. Die Welt ist noch immer weit davon entfernt, sich aus der gemeingefährlichen Umklammerung der Finanzindustrie zu lösen. Aber immerhin: Mit den gestern vorgelegten Plänen der EU und dem Banken-Vorstoß des SPD-Kanzlerkandidaten kommt endlich Schwung in die Debatte.

Gemessen an den bisherigen Trippelschritten sind die Vorschläge aus Brüssel eine Revolution. Große Universalbanken sollen entflechtet, das hochspekulative Investmentbanking vom Brot-und-Butter-Geschäft mit den Spargeldern abgetrennt werden. Die absolut richtige Idee dahinter: Zocker-Banken können pleite gehen, ohne dass sie mit ihrer vermeintlichen "Systemrelevanz" drohen und die Steuerzahler zur Kasse bitten können. Damit geht die EU weit über das hinaus, was derzeit in den USA und Großbritannien diskutiert wird. Und das ist auch gut so.

Endlich löst sich die Politik von der irrigen Vorstellung, nur laxe Bankenregeln seien gute Regeln. Andersherum ist es richtig: Erst wenn die Finanzbranche wieder in ihre dienende Funktion für die Gesellschaft zurückgedrängt wird, kann sich die kapitalistische Wirtschaftsordnung auf Dauer stabil entwickeln. Jahrzehntelang hat diese simple Einsicht überall auf der Welt die Bankenregulierung geprägt, bis Anfang der neunziger Jahre Gier und die mächtige Finanzlobby das vernünftige Regelwerk zertrümmerten.

Deshalb: Europa sollte nicht warten, bis sich die USA und London bewegen. Eine gute Bankenregulierung kann auch zu einem globalen Standortvorteil werden, weil sie für eine stabile Wirtschaft sorgt. Mag die Finanzlobby auch noch so zetern: Europa macht sich auf den richtigen Weg, sollten die Brüsseler Vorschläge alsbald auch zu Gesetzen werden.

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