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NRZ: Sprung ins Ungewisse - ein Kommentar von DIRK HAUTKAPP
Essen (ots)
Mit Sprungbrettern verhält es sich so: Eine unbedachte Bewegung - und die schmerzhafte Bauchlandung ist schnell passiert. Im Kern ist das die Drohung, die US-Präsident Barack Obama vor der historischen Abstimmung in der Vollversammlung der Vereinten Nationen über den künftigen Sitzplatz der Palästinenser in der Weltgemeinschaft an Mahmud Abbas übermitteln ließ. Dass der Staatsmann ohne Staat trotzdem gesprungen ist und die Aufwertung der Palästinenser innerhalb der UN analog zum Vatikan zu einem "beobachtenden Nicht-Mitglied" durchsetzen wollte, ist auch Ausdruck einer amerikanischen Diplomatie, die im Nahen Osten an ihre Grenzen gestoßen ist.
Dass Mahmud Abbas nach New York ging, kann aber nicht verwundern. Israel besetzt Land, er besetzt Begriffe. Nach dem Etappensieg der radikal-islamischen Hamas im jüngsten Gaza-Konflikt kann sich im irrlichternden Arabischen Frühling der Eindruck festsetzen, dass man ausschließlich mit Gewalt gegen Israel vorankommt. Abbas wollte und will das Gegenteil. Dass weder Israel noch Amerika den im Vergleich zu Hamas-Führer Meschal moderaten Palästinenserpräsidenten öffentlich stützen, ist kurzsichtig. Ein an klare Bedingungen geknüpftes diplomatisches Upgrade bei den Vereinten Nationen hätte Abbas zu einem moralischen Sieg über die Hamas verholfen, auf den man aufbauen könnte. Wie weit dieses Argument trägt, zeigt das angekündigte Abstimmungsverhalten etlicher europäischer Länder, die nicht unter Anti-Zionismus-Verdacht stehen und sich trotzdem anders als Deutschland nicht erneut der Hasenfüßigkeit bezichtigen lassen wollen.
Wozu wird Abbas den neuen "Backstage-Pass" bei den Vereinten Nationen nutzen? Instrumentalisieren die Palästinenser ihre Rolle und ziehen Israel vor den Internationalen Strafgerichtshof, wird Tel Aviv die mentale Mauer vor einer Zwei-Staaten-Lösung wohl noch höher ziehen. Ähnliche Wirkung hätte es, wenn Amerika der Palästinensischen Autonomiebehörde den Geldhahn zudreht. Denkbare Folgen: Radikalisierung. Noch mehr Gewalt. Humus für die Hamas. Das größte Pfund der Palästinenser - internationale Sympathie für ihr Grundanliegen einer staatlichen Souveränität in klaren Grenzen - könnte schnell aufgezehrt werden. Das wäre dann die schmerzhafte Landung vom Sprungbrett.
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