All Stories
Follow
Subscribe to Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung

Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung

NRZ: Den Nährboden des Hasses austrocknen - ein Kommentar von JAN JESSEN

Essen (ots)

Der Massenmord von Brüssel ist einmal mehr eine Attacke auf die europäische Lebenswirklichkeit, die von islamistischen Fanatikern gehasst und verachtet wird. Der Furor der Dschihadisten wird sich noch steigern, weil ihr Terrorkalifat in Syrien und im Irak nicht nur schrumpft, sondern weil es ideologisch gescheitert ist. Der "Islamische Staat" sollte Sehnsuchtsort für Muslime weltweit werden, fernab dem Unglauben und der Dekadenz des Westens. Das Gegenteil ist eingetreten: Die allermeisten Muslime verdammen die wahnhafte Gedankenwelt der Fanatiker und ihre Mordlust, die sich zumeist gegen die eigenen Glaubensgeschwister wendet; zig Tausende sind bereits aus dem Herrschaftsgebiet des Kalifats geflohen. Militärisch reiht sich für den IS in Syrien und im Irak eine Niederlage an die nächste, die Geldquellen trocknen aus, interne Streitigkeiten nehmen zu. Anschläge wie die in Paris oder Brüssel sind dringend benötigte Propaganda-Erfolge, um die Reihen speziell der ausländischen Kämpfer und Sympathisanten nicht weiter ausdünnen zu lassen. Doch auch wenn der Kampf gegen den IS mit einer Erhöhung der Terror-Gefahr einhergeht, muss er intensiviert werden. Das heißt: bessere internationale Koordinierung, auch mit Russland und dem Iran, mehr Unterstützung für diejenigen, die am Boden am effektivsten gegen den IS vorgehen, ein größeres Augenmerk auf Libyen, wohin der IS derzeit ausweicht. Auch auf europäischer Ebene muss der Anti-Terror-Kampf besser koordiniert werden. Es ist absurd, dass sich Terrorverdächtige unbehelligt durch Europa bewegen können, weil der Informationsfluss zwischen den Sicherheitsbehörden nicht funktioniert. Das Sicherheitsstreben darf aber nicht die Freiheit erwürgen. Opfern wir unsere Freiheit, unsere offene Gesellschaft, gewinnen die Fanatiker. Es würde auch nicht helfen: Selbst wenn die Freiheitsrechte noch weiter geschliffen würden, quasi ein dauerhafter Ausnahmezustand in Kraft träte, wäre Sicherheit nicht garantiert. Siehe Israel, wo keine Bomben mehr explodieren mögen, aber Menschen von Messerattentätern attackiert und ermordet werden. Wut und Hass finden einen Weg. Man muss ihren Nährboden austrocknen. Das ist ein langfristiges Projekt. Fernab von Sozialromantik muss genauer identifiziert werden, wie marginalisierte Bevölkerungsgruppen besser unterstützt und gefördert werden können. Gleichzeitig müssen die muslimischen Gemeinden in die Pflicht genommen werden, so dass sie aktiver Radikalisierungstendenzen entgegenwirken. Auf internationaler Ebene braucht es eine wirklich wertegeleitete Außenpolitik. Eine, die Menschen und Nationen nicht zu Spielbällen geopolitischer Interessen macht. Eine, die die Welt nicht mit Waffen zuschüttet. Eine, die Despoten nicht den roten Teppich ausrollt, wenn sie genehm sind und sie ohne Plan B fallen lässt, wenn sie nicht mehr ins Konzept passen. Und eine, die nicht mehr die Augen verschließt, wenn Partnerländer wie Saudi-Arabien oder die Türkei Extremismus klammheimlich oder offen fördern und unterstützen.

Pressekontakt:

Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung
Redaktion

Telefon: 0201/8042616

Original content of: Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung, transmitted by news aktuell

More stories: Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung
More stories: Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung
  • 22.03.2016 – 19:49

    NRZ: Die Angst darf uns nicht besiegen - von CHRISTIAN PETERS

    Essen (ots) - Es fällt unglaublich schwer in diesen Stunden, die richtigen Worte zu finden. Ja, es ist unfassbar, eine Katastrophe nicht nur für die großartige und weltoffene Metropole Brüssel. Die ganze freie Welt schaut auf Belgiens Hauptstadt, weint mit den Angehörigen der Opfer und bangt mit den unzähligen Verletzten um ihr Leben. Erneut hat der Terror unbarmherzig zugeschlagen. Täter, die sich längst von ...

  • 14.03.2016 – 18:04

    NRZ: Personalisierung und Protest - ein Kommentar von JAN JESSEN

    Essen (ots) - Das Ergebnis der Landtagswahlen wird häufig als Zeitenwende bezeichnet, was eine zumindest unscharfe Deutung ist. Dieses Resultat ist vielmehr der Ausdruck einer tiefgreifenden Veränderung im politischen System und seiner Wahrnehmung, die schon lange vor der Gründung der rechtspopulistischen AfD eingesetzt hat. Diese Veränderung manifestiert sich in zwei Schlagworten: Personalisierung und Protest. Die ...

  • 07.03.2016 – 18:43

    NRZ: Schweigen ist keine Alternative - ein Kommentar von JAN JESSEN

    Essen (ots) - Der Erfolg der AfD bei den hessischen Kommunalwahlen ist ein Vorgeschmack auf das, was kommenden Sonntag bei den drei Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt geschehen wird. Auch dort werden die Rechtspopulisten höchstwahrscheinlich zweistellige Ergebnisse einfahren, und natürlich wird dann wieder die Frage aufkommen, ...