All Stories
Follow
Subscribe to Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung

Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung

NRZ: Richtung Vergangenheit - ein Kommentar von JAN JESSEN

Essen (ots)

Es gab eine Szene beim Parteitag der AfD, die eindringlich klar machte, wie weite Teile der Partei ticken: Ein Parteimitglied rief zum Dialog mit den islamischen Gemeinden auf - und wurde dafür ausgebuht. Möglichst keine Zuwanderung aus muslimischen Ländern, keine Minarette, keine Unterstützung von Aufklärungstendenzen im Islam, weil Aufklärung im Islam "nicht realistisch und nicht wünschenswert" sei: So sieht die Programmatik einer Partei aus, deren Führungspersonal häufig von Religionsfreiheit spricht und davon, nichts gegen in Deutschland lebende Muslime zu haben. Tatsächlich geht der AfD um die Ausgrenzung einer Minderheit. Gegen den Islam, gegen den Euro, gegen ein gemeinsames Europa, gegen den "Gender-Wahn" und, natürlich, gegen das politische Establishment: Die AfD goss in Stuttgart ihren deutsch-nationalen und reaktionären Anti-Kurs in ein Parteiprogramm, mit dem sie nichts anderes als eine Umwälzung der bestehende Verhältnisse anstrebt, "weg vom links-rot-grün verseuchten 68er-Deutschland", wie es der als gemäßigt geltende Co-Vorsitzende Jörg Meuthen formulierte. Die Partei trifft damit den europäischen Zeitgeist. Die Angst vor Globalisierung, vor Zuwanderung, vor Wohlstandsverlusten, vor einer als unsicher angesehenen Zukunft hat nach all den fetten Jahren (die durch Globalisierung und Zuwanderung gemästet wurden) in Europa zu einer Sehnsucht nach nationaler Nestwärme geführt. Dass Nationalismus der Hauptgrund dafür war, dass Europa zweimal in Schutt und Asche gebombt wurde, scheint immer mehr Menschen nicht mehr bewusst zu sein; kaum sind die letzten Zeitzeugen tot, streikt das kollektive Gedächtnis. Die AfD und ihre intellektuellen Wegbereiter haben den Diskurs in Deutschland schon weit nach rechts verschoben. Die Verschärfung des Asylrechts wird beklatscht, Flüchtlinge werden nicht als Opfer, sondern als Täter, als Invasoren wahrgenommen, ein Thilo Sarrazin kann seine verqueren Thesen von der kognitiven Unterlegenheit ganzer Ethnien nahezu widerspruchslos verbreiten, Islamkritik kommt immer häufiger als plumpe Islamophobie einher; und den Volksparteien fällt allzuoft nichts besseres ein, als den Verlockungen des Populismus nachzugeben. Deutschland muss eine AfD aushalten können. Das demokratische Eis ist nach alle den Jahren hoffentlich tragfähig genug. Im europäischen Kontext normalisieren sich die deutschen Verhältnisse gerade. Das darf aber kein Grund sein, den Wählerinnen und Wählern dieser Partei nicht immer wieder deutlich zu machen, wohin die Reise mit der AfD geht: zurück in die Vergangenheit.

Pressekontakt:

Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung
Redaktion

Telefon: 0201/8042616

Original content of: Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung, transmitted by news aktuell

More stories: Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung
More stories: Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung
  • 27.04.2016 – 10:30

    NRZ: Kein Steuergeld für E-Autos - ein Kommentar von MANFRED LACHNIET

    Essen (ots) - Die deutsche Autoindustrie hat es geschafft: Obwohl es ihr bislang nicht gelungen ist, ein praktisches Elektroauto auf den Markt zu bringen, soll sie nun auch noch vom Staat belohnt werden. Jeder Steuerzahler, ob mit oder ohne Führerschein, soll dafür aufkommen, dass die Industrie mehr Elektroautos verkaufen kann. Das ist Steuerverschwendung, und man ...

  • 27.04.2016 – 09:36

    NRZ: Kaufprämie für E-Autos - Grüne fordern höhere Kfz-Steuer für Spritschlucker

    Essen (ots) - Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter begrüßt die von der Bundesregierung geplante Kaufprämie für E-Autos prinzipiell, fordert aber, dass sie "von den Haltern der übermotorisierten Spritschlucker über eine höhere Kfz-Steuer mitgetragen" wird. Die Einführung der Prämie dürfe nicht alle Steuerzahler belasten, sondern "nur die, die meinen, dass sie ...

  • 25.04.2016 – 18:45

    NRZ: Es wird eng für TTIP - ein Kommentar von JAN JESSEN

    Essen (ots) - So sehr sich US-Präsident Obama und Bundeskanzlerin Merkel auch für das transatlantische Freihandelsabkommen einsetzen mögen - es wird eng für TTIP. Waren es früher nur linke globalisierungskritische Zusammenhänge, die dagegen aufbegehrten, hat der Protest längst bürgerliche Kreise erreicht. Freihandel ist zwar nicht per se schlecht, ganz im Gegenteil, er ist Garant für Wirtschaftswachstum. Bislang ...