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NRZ: Wahlen sind kein Spiel - ein Kommentar von JAN JESSEN
Essen (ots)
Die Europäische Union ist keine Herzensangelegenheit. Zu technokratisch, zu bürokratisch, zu nah an den Banken und zu weit weg von den Menschen. Sie ist ein leichtes Ziel für Populisten, für die verführerischen Vereinfacher, die Herzen und nicht Hirne vereinnahmen wollen. Sie bedienen die Sehnsucht nach Überschaubarkeit und Simplizität, nach einer vermeintlich heilen Welt, die wahlweise in der Vergangenheit oder in einer utopischen Zukunft verortet ist. Schuld an gefühlten oder tatsächlichen Miseren sind bei ihnen immer die anderen, die im fernen Brüssel, alternativ auch die etablierte Politik, die Medien oder die Fremden. Fatal wird es, wenn sie sich durchsetzen, so wie jetzt in Großbritannien geschehen. Dann zeigt sich schnell, dass sie eines nicht haben: einen durchdachten Plan. Es herrschen Ratlosigkeit, Konfusion, die Angst vor einem Zerfall des Landes. Boris Johnson, der große Brexit-Wortführer, verspricht wider besseren Wissens, dass für seine Landsleute im Prinzip alles so bleibt wie zuvor und spielt auf Zeit; er wirkt dabei wie ein Kind, das nach einem Wutanfall staunend vor den Trümmern seiner Carrera-Bahn steht und jetzt erwartet, dass irgendwer sie wieder zusammensetzt. So brutal es klingen mag: Es muss den Bürgern klar gemacht werden, was es bedeutet, sich Populisten hinzugeben und die Wut an der Urne von der Leine zu lassen. Konkret: Der Brexit muss vorangetrieben werden ohne irgendwelche Kompromisse für die Briten. Wahlen sind kein Spiel und in der Wahlkabine sollten mündige Bürger ihr Hirn einschalten. Das gilt für Großbritannien genauso wie für Deutschland, wo Populisten derzeit leider ebenfalls Hochkonjunktur haben.
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