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NRZ: Macron hat einen schweren Weg vor sich - ein Kommentar von JAN JESSEN

Essen (ots)

Frankreich hat gewählt, und Europa atmet auf. Die Mehrheit der Franzosen will, dass Emmanuel Macron die Zukunft ihres Landes gestaltet. Ein junger, sozialliberaler Präsident wird in den kommenden fünf Jahren im Élysée-Palast regieren, einer, dem das europäische Projekt ein Herzensanliegen ist und der eng mit Deutschland zusammenarbeiten möchte, um es nach vorne zu bringen. Die Kampagne der Angst, mit der Marine Le Pen versucht hat, die Wähler für reaktionären Nationalismus und Protektionismus zu begeistern, hat nicht verfangen. Es wird kein Referendum über einen Frexit geben, der das Ende der Europäischen Union bedeuten würde. Die Erleichterung über den Ausgang der Präsidentschaftswahl darf aber nicht den Blick darauf verstellen, dass es noch sehr viel Arbeit bedarf, um die Franzosen wieder mit der Europäischen Union zu versöhnen. Rund 20 Prozent gaben in der ersten Runde ihre Stimme dem linksradikalen Europakritiker Jean-Luc Mélenchon, gemeinsam mit den Stimmen für Le Pen haben also rund 40 Prozent der Franzosen dem europäischen Projekt ihr Misstrauen ausgesprochen. Die Europäische Union hat ein Image-Problem und das nicht nur in Frankreich. Sie ist als Wertegemeinschaft konzipiert, wird aber von vielen Menschen lediglich als Wirtschaftsraum gesehen, in dem sich multinationale Konzerne auf Kosten von Arbeitnehmern bereichern. Es ist aber nicht nur die Europäische Union, die sich in einer Vertrauenskrise befindet, sondern auch die Demokratie. Nur etwa die Hälfte der jungen Europäer sieht sie noch als beste Staatsform an. Der französische Präsidentschaftswahlkampf war keine gute Werbung für die Demokratie. Er war eine Schlammschlacht. Der neue Präsident wird nicht nur eindringlich für Europa werben müssen, er steht auch vor der Herkulesaufgabe, ein polarisiertes Land wieder zu einen und die Gräben zuzuschütten, die in den vergangenen Monaten noch tiefer geworden sind; die Gräben zwischen den politischen Lagern, die Gräben zwischen den urbanen Zentren und der Provinz. Emmanuel Macron hat das Zeug dazu. Er kann begeistern, er ist ein Mann der Mitte, einer, der dringend notwendige wirtschaftliche Reformen mit Gerechtigkeitsfragen verknüpft. Natürlich: Auch Macron stammt aus dem Kreis jener Elite, der vom breiter werdenden linken wie rechten Rand Verachtung, ja Hass entgegenschlägt; aber er ist eben kein Vertreter jener verkrusteten etablierten französischen Parteien, die sich schier unversöhnlich gegenüberstehen. Macron hat einen schweren Weg vor sich. Es ist Frankreich und Europa zu wünschen, dass er ihn meistert.

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