Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung
NRZ: Umsatzsteuer: Bundestag entlastet Vereine und Kommunen
Ampel beschließt Fristverlängerung für neues Umsatzsteuergesetz. Doch nicht alle Kommunen wollen den Aufschub nutzen
Essen (ots)
Auf diese neue bürokratische Regelung haben sich Ehrenamtler in Kirchengemeinden, Vereinen und Kommunen lange vorbereitet, Arbeitsgruppen gebildet und Checklisten erarbeitet: Ab Januar sollte durch eine Änderung des Umsatzsteuergesetzes der karitative Weihnachtsbaumhandel, die Bratwurst beim Gemeindefest oder der Kuchenverkauf einer Schulklasse für die Finanzierung der Klassenfahrt unter Umständen mehrwertsteuerpflichtig werden. Der Bundestag beschloss gestern mit Stimmen der Ampelkoalition allerdings eine Fristverlängerung um zwei weitere Jahre. Doch nicht alle wollen die Aufschiebung nutzen, wie die Neue Ruhr/Neue Rhein Zeitung berichtet (Online und Samstagsausgaben).
Hintergrund der bürokratischen Neuregelung ist eine EU-Mehrwertsteuerrichtlinie. Demnach werden Kommunen für gewisse Leistungen, die auch private Dienstleister anbieten könnten, umsatzsteuerpflichtig. So soll verhindert werden, dass private Unternehmen im Wettbewerb benachteiligt werden.
Das Bistum Essen und seine Pfarreien haben sich bereits Jahre auf diese Umstellung vorbereitet und Checklisten erarbeitet, erläutert Bistumssprecher Ulrich Lota auf NRZ-Anfrage. So wurde beispielsweise definiert, ab wann der Verkauf von Kerzen umsatzsteuerpflichtig wird. "Wir waren schon ziemlich weit", so Lota. Trotzdem wird das Bistum von der Verlängerung Gebrauch machen. Doch er weiß auch: "Viele werden sich richtig ärgern." Schließlich haben Ehrenamtler viel Engagement investiert, um künftig gesetzeskonform zu handeln.
Auch die Landeshauptstadt Düsseldorf hat sich auf die Umstellung vorbereitet. Da die Arbeiten bis zum Jahresende abgeschlossen sein werden, will die Stadt das neue Recht mit dem Jahreswechsel anwenden, sagt ein Stadtsprecher. Das hat Auswirkungen auf manche Gebühren: So werden anonyme Bestattungen mit der Umsatzsteuer belegt.
In Dinslaken ist in dem Zusammenhang geplant, die Parkgebühren auf einigen Flächen um 20 Cent pro Stunde zu erhöhen. Die am Freitag beschlossene Fristverlängerung aber schiebt das Thema auf. "Die Stadtverwaltung beabsichtigt eine beschlossene Fristverlängerung maximal auszuschöpfen und die Umsatzsteuer für diese Zeit nicht zu erheben", erklärt ein Stadtsprecher dazu. Die Parkgebührensatzung werde somit nicht zum 1. Januar 2023 in Kraft treten. Auch die Stadt Oberhausen will die Fristverlängerung nutzen.
Der zuständige Berichterstatter der SPD-Bundestagsfraktion, Tim Klüssendorf, sieht in der Fristverlängerung eine Entlastung für die durch Flüchtlingsunterbringung und Energiekrise belasteten Kommunen. "Das entzerrt die Arbeit an der Umstellung innerhalb der Kommunen und gibt ihnen mehr Zeit, sich auf die Neuregelung vorzubereiten", sagt er zur NRZ.
Die kommunalen Spitzenverbände begrüßen grundsätzlich die Fristverlängerung. Aber: "Die Entscheidung über eine Verlängerung der Optionsfrist hätte schon vor geraumer Zeit getroffen werden können und müssen", heißt es in einer Mitteilung. Die ohnehin knappen Kapazitäten in den öffentlichen Verwaltungen seien somit gebunden worden.
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