Neues Deutschland: zur Frankfurter Buchmesse
Berlin (ots)
Lesen macht süchtig - mit diesem Slogan wird zur Buchmesse in Frankfurt geworben. Wenn das so einfach wäre, ginge der deutsche Buchmarkt rosigen Zeiten entgegen. Laut einer repräsentativen Untersuchung vom September greifen 72 Prozent der Zehn- bis Dreizehnjährigen »oft« oder »sehr oft« zu Büchern. Doch nicht alle werden »süchtig«. Von den Erwachsenen lesen nur 38 Prozent mehrmals in der Woche, 14 wenigstens einmal, 44 Prozent dagegen nur einmal im Monat oder seltener (was man getrost mit »kaum« oder »gar nicht« übersetzen kann). Natürlich würden sich Autoren, Verleger, Buchhändler ein Volk aus lauter Leseratten wünschen. Und die mit jedem Jahr wachsende Zahl von Neuerscheinungen - 94 716 Titel kamen 2006 neu auf den Markt - zeigt ja auch ein Drauflosproduzieren in der Hoffnung, mit dem eigenen Produkt den Konkurrenten zu überholen - ohne Blick auf den Gesamtbedarf. Denn 971 Millionen gedruckte Exemplare (allein 2006) sind auf jeden Fall zu viel gewesen für 82 Millionen Einwohner, von denen, wie gesagt, noch viele Büchermuffel sind. Die einen haben kein Geld, um Neues zu kaufen, die anderen keine Kraft mehr, nach Feierabend noch zu lesen. Da muss die Buchbranche mit einer jährlichen Wachstumsrate von einem Prozent zufrieden sein und immer wieder alles versuchen, um vielleicht doch noch einen Büchermuffel zur Lesesucht zu bekehren.
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