Neues Deutschland: zur ITB in Berlin
Berlin (ots)
Von der offiziellen Eröffnung einer Tourismusmesse ist kaum Spektakuläres zu erwarten. Schönreden, Schöngucken, Schönessen, und das war's dann gewöhnlich. Schließlich lebt die Branche von Reiseträumen, die zu pflegen und nicht zu stören sind. Um so überraschender war ein schriller Ton zu Beginn der ITB in Berlin. Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Tourismuswirtschaft, Klaus Laepple, wetterte, dass die Streiks im öffentlichen Dienst »Menschen in Geiselhaft« nähmen und zu einem »Imageschaden für den Standort Deutschland« führten. Dieser Aufschrei schien dem Redeanlass unangemessen. Zum einen wissen Tourismusprofis nur zu gut, dass selbst die Streikdichte von Paris wachsender Reiselust dorthin noch nie Abbruch tat. Zum anderen gibt es wirkliche Gefahren für den weltweiten Tourismus, die Protest und Ächtung zu jedem Anlass lohnten. Nämlich all die gegenwärtigen Kriege und blutigen Konflikte - doch im Heile-Welt-Gerede zum ITB-Auftakt kam bestenfalls eine imaginäre »Terrorgefahr« vor. Die Gründe für die Erregung des deutschen Tourismusobersten Laepple dürften indes andere gewesen sein: tiefes Unbehagen gegenüber Streik schlechthin und böse Ahnung, dass seine Branche dafür demnächst auch reif ist. Jedenfalls ließe sich bei den dort teilweise üblichen Arbeitsverhältnissen und -bedingungen auch ganz gut von »Geiselhaft« und »Imageschaden« reden.
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