Neues Deutschland: zur Lage der SPD
Berlin (ots)
Weil Franz Müntefering mehr als verinnerlicht hat, dass Opposition Mist ist, geht der SPD-Chef seit Wochen der Öffentlichkeit gehörig auf den Senkel. Mal schimpft er über die Führungsschwäche der Kanzlerin, dann attackiert er den CSU-Chef als »lose Kanone«. Mal verspricht er die Reichensteuer, die die SPD in den gut zehn Jahren ihrer Regierungsbeteiligung nicht zustande brachte. Mal fischt er bei den Ostdeutschen mit der Verheißung einer durch die Seinen 20 Jahre lang erfolgreich verhinderten gesamtdeutschen Verfassung. Die Hyperaktivität Münteferings ist durchsichtig wie eine löchrige Gardine. Am Wochenende stellt die SPD ihr Wahlprogramm vor und kann nicht ausblenden, dass die Umfragewerte sich seit Monaten um die 25er Marke bewegen, ja ihr Kanzlerkandidat 29 Prozentpunkte hinter der Amtsinhaberin rangiert. Die flackernden Blinksignale in Richtung Ampel stoßen zudem bislang auf wenig Gegenliebe bei Grünen wie Liberalen. Bleibt also nur, der Union im Koalitionsausschuss den Schwarzen Peter wenig rosiger Regierungsbilanz in die Schuhe zu schieben. Dass die Große Koalition sich in den nächsten 23 Wochen kaum noch zu irgendetwas aufraffen kann, weiß freilich auch der SPD-Chef. So, wie er bei besserer Lage die Vorzüge von Merkel und Seehofer preisen, Reichensteuer wie gesamtdeutsche Verfassung ablehnen würde. Aber was tut man nicht alles in Torschlusspanik. Womöglich würde Müntefering gar einen Bruch riskieren. Zumindest einen symbolischen.
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