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Neues Deutschland: zum Wechsel der linken Europa-Politikerin Kaufmann zur SPD

Berlin (ots)

Man kann den Wechsel von Sylvia-Yvonne Kaufmann von
der LINKEN zur SPD bedauern, wie Dietmar Bartsch - und dann von 
eingeschränkter Glaubwürdigkeit sprechen, weil Kaufmann sich erst 
nach ihrer Abstimmungsniederlage auf dem Essener Europaparteitag der 
Linkspartei zu diesem Schritt entschloss. Man kann ihre Entscheidung 
menschlich verständlich finden, wie Oskar Lafontaine - und zugleich 
flugs aufrechnen, dass immer noch mehr einstige SPD-Mitglieder bei 
der LINKEN anklopfen als umgekehrt. Oder man kann den Abgang einer 
renommierten Europapolitikerin als längst überfälligen Schritt 
begrüßen, wie Diether Dehm - und sich mit Stefan Liebich gleich den 
nächsten unliebsamen Genossen zur Brust nehmen. Man könnte freilich 
auch einen Moment innehalten, nachdenklich werden - und das in Mode 
gekommene Parteihopping hinterfragen. Sind wirklich all jene, die in 
den letzten Tagen und Wochen ihren einstigen Weggefährten den Bettel 
vor die Füße warfen und schnurstraks in der Konkurrenzpartei 
weitermachen, von ihrem Gewissen getrieben? Und sind Parteien 
womöglich schon so auswechselbar, dass eigentlich Banane ist, wie das
Parteibuch aussieht, mit dem man politisch weiter agiert? Wie viel 
Ego spielt dabei eine Rolle, wie viel Berechnung - wie viel  
Verletzung und Enttäuschung?
 Bei Sylvia-Yvonne Kaufmann spielt vermutlich von allem etwas eine 
Rolle. Verständlich, dass sie unbedingt weitermachen will in der 
Europa-Politik und ganz offensichtlich bei der SPD darauf hoffen 
kann. Aber unverständlich, dass sie dabei erklärtermaßen billigend 
die Enttäuschung vieler in Kauf nimmt, die mit ihr 20 Jahre lang für 
ihre bisherige Partei stritten. Nachvollziehbar, dass sie sich als 
durchaus geachtete und erfolgreiche Europapolitikerin von ihrer 
Partei gedemütigt fühlte, als sie mit wenig schmeichelhaften 
Begründungen kein neues Mandat für Brüssel erhielt. Weniger 
nachvollziehbar allerdings, dass sie zum Abschied mit gleicher Münze 
austeilt: Sektierer, Verbalradikalismus, Fundamentalopposition. Das 
ist die LINKE nicht per se und Kaufmann weiß es.
 Dass sie sich entschloss, der Partei, die sie einst mitbegründete, 
adieu zu sagen, ist eigentlich nicht das Problem. Es kommt vor, dass 
Politiker irgendwann müde werden, für ihre Position gegen eine 
Mehrheit zu streiten. Aber müde ist Kaufmann nicht - sie geht zur 
Konkurrenz, die die Beute entsprechend feiert. Mit politischem Stil, 
der ihr bei manchem LINKEN so sehr fehlte, hat freilich auch das 
wenig zu tun. Und auch nicht mit politischen Prinzipien. Denn war es 
nicht Kaufmann, die dereinst in Tränen ausbrach, weil ein 
Linken-Parteitag im fernen Münster beinahe Blauhelm-Einsätzen der UNO
das Wort geredet hatte? Ob auf die SPD nunmehr in schöner 
Regelmäßigkeit feuchte Zeiten zukommen, oder sich eben nicht nur die 
LINKE, sondern auch Sylvia Yvonne Kaufmann inzwischen verdammt 
geändert haben, wird sich zeigen. Und auch, ob all jene, die 
regelmäßig in der Linkspartei ihre Scharmützel austragen, die 
Widersprüche unterschiedlicher Ansätze auszuhalten lernen.

Pressekontakt:

Neues Deutschland
Redaktion / CvD

Telefon: 030/2978-1721

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