Neues Deutschland: Wann wir schreiten ...
Berlin (ots)
Die Republik ist über Nacht eine andere geworden. Banken werden verstaatlicht, in Not geratene Unternehmen bekommen Hilfe von der Bundesregierung - und Eigentümer wie Geschäftsführer demonstrieren Seit' an Seit' mit Belegschaften und Gewerkschaftsfunktionären für den Erhalt ihrer Firmen. Die einen, um weiter den dicken Max spielen zu können. Die anderen aus Angst um ihre Arbeitsplätze. Und die Dritten für irgendetwas von Beidem. Der ganz große Schulterschluss ist in schlechten Zeiten immer ein probates Mittel. Da kennen diejenigen, die sich bislang als beratungsresistent erwiesen, wenn vor kapitalistischen Auswüchsen gewarnt wurde, keine Scham - und keine Gnade. Wenn das Wasser ihnen Oberkante Unterlippe steht, sitzen angeblich plötzlich alle in einem Boot. Und können auch die Kanzlerin wie ihren Vize von zwei gemeinsam regierenden aber zeitweilig konkurrierenden Parteien an ihrer Seite wissen. Der Kapitalismus mit vorübergehend menschlichem Antlitz zaubert Frau Schaeffler Tränen in die Augen und nicht nur Herrn zu Guttenberg die Zornesröte ins Gesicht. Aber ehe der Bundeswirtschaftsminister sich versieht, wird ihn Angela Merkel demnächst höchstselbst zu einer Demo gegen Arbeitsplatzvernichtung auf die Straße schicken. Wahlkampf heißt das in diesen Chargen zwar - aber geht es die ganze Zeit eigentlich um etwas anderes?
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