Neues Deutschland: zur Misshandlungen
Berlin (ots)
Im Jahr 1980 wurde die Chinesische Mauer unter Denkmalschutz gestellt. Reichlich spät. Im selben Jahr (sic!) wurde an bayerischen Schulen die Prügelstrafe abgeschafft. Immerhin war Georg Ratzinger darüber seinerzeit »innerlich erleichtert«, wie er jetzt erklärte. Hatte er doch selbst als Regensburger Domkapellmeister und Chef der Domspatzen bis Ende der 70er Jahre Ohrfeigen verteilt, was »die nächstgelegene Reaktion auf eine negative Leistung oder ein Versagen« gewesen sei. Chorknaben als Prügelknaben. Eine »nächstgelegene« Praxis, die ein frommer Mensch nicht ohne Druck des Gesetzgebers aufgeben konnte? Auch wenn der heute 86-Jährige nach eigener Aussage die Dimension der »brachialen Methoden« bei der Züchtigung der jungen Sänger nicht kannte - seine Darstellung wirft ein erhellendes Licht auf den aktuellen Skandal und vor allem auf den gesellschaftlichen Sumpfboden, der ihn gedeihen ließ. Ob der damalige Erzbischof von München und Freising, Georg Ratzingers Bruder Joseph, von den Exzessen am Domspatzen-Internat wusste, wird in Medien gefragt. So viel ist gewiss: Zur Humanisierung der Erziehungsmethoden hat der heutige Papst damals nichts beigetragen. Sicher sah er das nicht als seine Aufgabe. Waren doch auch im Rest der Bundesrepublik erst 1973 die Körperstrafen an den Schulen abgeschafft worden. Und Traditionen sind überaus mächtig. Sie bröckeln nur langsam. Weitaus langsamer als eine alte Mauer.
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