Neues Deutschland: zum Wahlausgang in Russland
Berlin (ots)
Der Wahlsieg, der andernorts Jubelstürme auslösen würde, ist für Russlands Doppelspitze Putin-Medwedjew eine herbe Enttäuschung. Die Regierungspartei Einiges Russland hat nicht nur ihre verfassungsändernde Zweidrittelmehrheit in der Staatsduma verloren, ihr Ergebnis liegt sogar unter den schlechtesten Umfragewerten, die vor dem Wahltag bekannt geworden waren. Und dabei bleiben Fälschungs- und Behinderungsvorwürfe der Konkurrenz noch unberücksichtigt. Die beschwörenden Appelle des »Tandems«, Stabilität und Erfahrung zu wählen, haben nicht gefruchtet. Stabil wuchsen die Einkommensunterschiede - ins Unermessliche. Stabil wucherte die Korruption und nährte den Unmut über die »Partei der Macht«. Da sehen viele Russen in den Kommunisten, denen man vor vier Jahren schon das baldige Ende voraussagen wollte, offenbar die wirksamste Gegenkraft. Die Frage bleibt, wie Putin, wenn er demnächst dennoch wieder in den Kreml einzieht, auf die Schlappe reagieren wird. Da wird unendlich viel spekuliert. Die einen sagen, er werde die Zügel wieder straffer ziehen, andere trauen ihm sogar zu, genau dieses Ergebnis geplant zu haben: Wer Verluste zugibt, mindert die Gefahr, wegen zu großer Entfernung von der Realität unter einer Protestlawine begraben zu werden, die das Land in ein neuerliches Chaos reißen könnte. Denn eins steht seit Sonntag fest: Russland ist längst nicht mehr so einig, wie es »Einiges Russland« glauben machen will.
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