Neues Deutschland: zum Rückzug der Bundeswehr in Afghanistan
Berlin (ots)
Die Bundeswehr hat sich zurückgezogen. Noch nicht aus Afghanistan, aber aus Talokan, einer der zehn größten Städte des Landes am Hindukusch. Zwar heißt es, das Lager in Talokan wäre sowieso im März geräumt worden, doch kann man sich schwerlich des Eindrucks erwehren, dass es sich bei diesem Rückzug schlicht um eine Flucht handelt. Eine Flucht vor aufgebrachten, protestierenden Afghanen, die zu befreien und zu beschützen die Soldaten vor einem Jahrzehnt angeblich ausgesandt worden waren. Im konkreten Fall war es nicht die Bundeswehr, die den Stein des Anstoßes zum wütenden Protest gelegt hat, sondern es war das USA-Militär durch die unsägliche Koran-Verbrennung in Bagram. Die Welle der Empörung ist von dort bis in den »ruhigen« Norden Afghanistans geschwappt, was nur zeigt, dass die NATO-Truppen inzwischen von einem großen Teil der Bevölkerung unterschiedslos nicht als Beschützer, sondern als Besatzer betrachtet werden. Als Beschützer taugen sie ohnehin nicht, wie ein neuer Bericht von Amnesty International belegt: Demzufolge müssen täglich 400 Afghanen vor der zunehmenden Gewalt fliehen. Noch nie habe es in Afghanistan so viele Binnenvertriebene gegeben wie heute. Noch ein Beweis dafür, dass die NATO-Mission gescheitert ist. Woraus zu folgern wäre, dass dem Rückzug in Afghanistan so schnell wie möglich der Rückzug aus Afghanistan folgen muss.
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