neues deutschland: Obamas Wahlsieg: Hoffnung 2.0
Berlin (ots)
Als unmittelbar vor der USA-Präsidentenwahl ein Interviewpartner in dieser Zeitung kaum ein gutes Haar am Amtsinhaber gelassen hatte, fragte ein kluger Kopf anschließend in der Redaktionssitzung, ob wir denn lieber einen neuen Bush wollten. Das Dilemma kannten viele Obama-Wähler in den Vereinigten Staaten, auch so mancher linke Sympathisant hierzulande. Der große Hoffnungsträger für den gesellschaftlichen Wandel in »Gottes eigenem Land« war in vier Jahren nicht erfüllter Versprechungen und Visionen zum kleineren Übel geschrumpft. Und doch konnte man gestern in vielen Hauptstädten die große Erleichterung darüber spüren, dass nicht ein Konservativer mit irritierender Weltsicht, der offensichtlich mehr auf Militärmacht als auf Diplomatie setzen wollte, ins Weiße Haus einziehen wird. Hoffnung 2.0, wenn man so will. Aber ist sie berechtigt? Nach seiner Wiederwahl stellt sich da vor allem die Frage, wann Obama endlich seiner Ehrung als Friedensnobelpreisträger gerecht werden will. Bleibt er der »Schattenkrieger«, der mit dem massiven Ausbau und dem Einsatz seiner Drohnenflotte Völkerrecht verletzt? Wird er den Krieg in Afghanistan unter anderem Namen fortsetzen? Greift er am Ende doch zur Gewalt, um das iranische Atomprogramm zu stoppen? Wie ernst meint es der Präsident mit der Zwei-Staaten-Lösung im israelisch-palästinensischen Konflikt? Wo bleibt seine Initiative zur politischen Lösung für den Bürgerkrieg in Syrien? Schonung kann Barack Obama in seiner zweiten Amtszeit nicht erwarten.
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