neues deutschland: Zum Konflikt im Gaza-Streifen
Berlin (ots)
Die Spirale ist eines der faszinierendsten Symbole. Sie steht für Harmonie und Bewegung, Wechsel und Wiederholung, Aufstreben und Niedergehen. Sie steht für das Leben schlechthin. Umso absurder ist es, dass sie in der Sprache der Politik vor allem dafür herhalten muss, dem das Leben Bedrohenden, Zerstörenden Ausdruck zu geben: Spirale der Gewalt, Spirale des Terrors, Spirale der Vergeltung. Vor Letzterer warnte jetzt die ehemalige israelische Außenministerin Tsipi Livni im aktuellen Gaza-Konflikt. »Wenn die Ziele nicht präzise definiert sind, gibt es einen Hang zur Zerstörung, der das Beenden der Aktion schwierig macht«, sagte sie mit Blick auf die Strategie Israels. Sie hätte es vorgezogen, direkt nach der Tötung des Hamas-Militärchefs Verhandlungen über einen Waffenstillstand zu beginnen, so die Oppositionspolitikerin. Nur: Warum sollte ausgerechnet dieser Tote das Ende der »Spirale« sein? In bewaffneten Konflikten geht es bekanntlich nicht um das letzte Wort, sondern um den letzten Toten, um den letzten, den entscheidenden Schlag. Und es ist stets die andere, die bislang geschlagene Seite, die weiter auf diesen Schlag hofft. Das Gaza-Drama wirkt, als würde der Geist von Hamlets Vater allnächtlich wechselnd die Kontrahenten heimsuchen und auf Rache am jeweils anderen einschwören. Hamlets letzte Worte sind bekannt: Der Rest ist Schweigen. Schlusssatz in einer blutigen Ereignisfolge, deren Point of no Return keiner der am Ende toten Protagonisten erkannte. Eine Gefahr, die wieder einmal in Nahost droht.
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