neues deutschland: Üben wie drüben
Berlin (ots)
Das Urteil der Berliner Historiker ist eindeutig: Auch in der alten Bundesrepublik forschten Mediziner nach den wirksamsten Dopingmitteln, forderten Sportminister von Trainern, Ärzten und Athleten vor allem Medaillen - egal, wie. Westdeutsche Funktionäre verschleppten Kontrollen und stellten Kritiker kalt. Sportmediziner aus Freiburg oder Köln verabreichten Anabolika an Minderjährige, DFB-Fußballer spielten unter Einsatz unerlaubter Mittel bei den Weltmeisterschaften 1954 und 1966 mit. Dass die Autoren der Studie statt von systematischem Doping à la Deutsche Demokratische Republik nur von »systemischem« Doping in der BRD sprechen, klingt spätestens angesichts der Fakten, die am jetzt bekannt wurden, haarspalterisch. Handfest hingegen sind die Hürden, die den Forschern vor der Veröffentlichung in den Weg gestellt wurden. Vor allem die datenschutzrechtlichen Bedenken der Auftraggeber vom Bundesinnenministerium wirken vorgeschoben, wenn man sich die ziemlich unverhohlene Benennung all jener DDR-Funktionäre und -Trainer vergegenwärtigt, die scheinbar ohne Bedenken an der Umsetzung des Staatsplans 14.25 mitwirkten. Dass derlei Ehrgeiz auch West-Übungsleitern nicht fremd war, weiß man 23 Jahre nach der Wiedervereinigung nun offensichtlich mit Akten zu belegen. Ein Skandal, der allerdings übertroffen wird von der Tatsache, dass bei all dem Hickhack um die Studie nicht zu Ende geforscht wird. Die Zeit nach 1990 bleibt unerforscht - vorerst.
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