neues deutschland: Russische Fanvertreterin sieht Fortschritte bei Integration behinderter Menschen
Berlin (ots)
Der Alltag für Menschen mit Behinderung in Russland verbessert sich langsam. Zu diesem Urteil kommt Jelena Popowa im Interview mit der in Berlin erscheinenden Tageszeitung "neues deutschland" (Mittwochausgabe). Die 26-jährige Juristin ist Fan von ZSKA Moskau und eine von 13 Millionen Russen mit Behinderung. Sie arbeitet für die UEFA-Organisation CAFE (Centre for Access to Football in Europe), die sich in Russland für eine bessere Integration im Fußball einsetzt. "Der Staat unterstützt Menschen mit Behinderung mit monatlich 9000 Rubel (150 Euro). Und es ist für behinderte Menschen immer noch schwer, einen Arbeitsplatz zu finden. Wir wollen mit CAFE Leute beim Fußball in Lohn und Brot bringen. Es gibt ein Gesetz, nach dem jede Firma zehn Prozent ihrer Arbeitsplätze durch Menschen mit Behinderung besetzen muss. Aber das ist nur Theorie", sagt Popowa.
Ihre Mitbürger hätten sich leider noch immer nicht an behinderte Menschen in ihrer Umgebung gewöhnt. "Sie zeigen mit dem Finger auf uns, starren uns an. Viele behinderte Menschen trauten sich deswegen gar nicht zu arbeiten. Es wird aber langsam besser. Die Leute trauen sich raus und sagen: Wir sind wie alle anderen." Beim Bau der neuen ZSKA-Arena konnte Popowa eigene Wünsche einbringen: "Als das Stadion im September eröffnet wurde, habe ich fast geweint: Rollstuhlfahrer sitzen jetzt direkt zwischen 1. und 2. Rang bei den Ultras. Ich bin dabei - wie alle Fans."
Popowa fühle sich im Stadion immer sicher. "Wer noch zum Confed Cup oder 2018 zur WM kommen will, braucht sich nicht zu fürchten. Im Gegenteil: Die Menschen hier sind besonders gastfreundlich", gibt sie Ausländern mit auf den Weg, auch wenn sie das Problem, rassistischer Übergriffe und Gesänge von russischen Fußballfans nicht abstreiten kann. "Es gibt noch eine Menge zu tun für uns. Für mich ist es natürlich schlimm, wenn sie so etwas singen. Ich bin anders, weil ich im Rollstuhl sitze, ein anderer wegen seiner Hautfarbe, seiner politischen Einstellung oder sexuellen Orientierung", so Popowa. Sie versuche, die Leute zu animieren, nicht dem Herdentrieb zu folgen: "Habt eine eigene Meinung und versteckt Euch nicht in der Masse. Wenn Ihr denkt, dass 'White Power' Blödsinn ist, singt doch nicht mit!"
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